Identifizierung einer Blutproteinsignatur zur Diagnose und Behandlung von Long COVID

Long COVID ist eine oftmals langwierige und schwerwiegende Folgeerscheinung einer SARS-CoV-2 Infektion. Bisher gibt es keine spezifischen Diagnosetests oder Behandlungsmöglichkeiten für diese Erkrankung. Forscher der Universität Zürich und des Universitätsspitals Zürich haben nun in einer umfangreichen Studie Proteine im Komplementsystem, einem wichtigen Bestandteil des Immunsystems, von Patienten mit Long COVID untersucht und eine Blutproteinsignatur identifiziert, die die Diagnose verbessern und zu einer Behandlungsmöglichkeit führen könnte.

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Identifizierung einer Blutproteinsignatur zur Diagnose und Behandlung von Long COVID

23. Januar 2024     Kategorie: Wissenschaft
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Hintergrund


Etwa 5% aller mit SARS-CoV-2 infizierten Personen erholen sich nicht von der akuten Krankheit und entwickeln langfristige, oft schwerwiegende Symptome, die gemeinhin als Long COVID bekannt sind. Die genauen Ursachen von Long COVID sind noch unbekannt, jedoch werden derzeit Hypothesen zu möglichen Faktoren diskutiert, darunter Gewebeschäden, virale Reservoire, Autoimmunität und anhaltende Entzündungen.

Studie


Im Rahmen der Studie wurden 113 COVID-19-Patienten über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr begleitet, wobei 33% einen schweren Krankheitsverlauf gemäß den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten. Insgesamt 40 der 113 Patienten litten auch nach sechs Monaten noch an aktivem Long COVID. Bei der 12-monatigen Nachuntersuchung berichteten 22 der 40 Long COVID-Patienten über anhaltende Symptome, während 10 sich erholt hatten. Um Biomarker für Long COVID zu identifizieren, wurde Serum von gesunden Kontrollpersonen sowie von COVID-19-Patienten während der akuten Infektion und bei der sechsmonatigen Nachuntersuchung gesammelt. Zwei hochauflösende Proteomikansätze wurden verwendet, um 6.596 verschiedene Serumproteine zu messen. Die Forscher stellten Unterschiede in den Serumproteinwerten zwischen Patienten mit schwerem und mildem akuten COVID-19 fest, sowie Unterschiede zwischen Long COVID-Patienten und solchen ohne Long COVID, sowohl während der akuten Phase der Infektion als auch bei der sechsmonatigen Nachuntersuchung.

Ergebnisse und Bedeutung


Die Analysen zeigten eine übermäßige Aktivität des Komplementsystems bei Long COVID-Patienten und erhöhte Blutwerte, die auf Schäden an verschiedenen Körperzellen, einschließlich roter Blutkörperchen, Blutplättchen und Blutgefäßen, hinwiesen. Die Forscher fanden heraus, dass das aktive Long COVID durch das beobachtete Muster von Serumproteinen charakterisiert ist und dass das Komplementsystem bei diesen Patienten aktiv bleibt und gesunde Zellen schädigt. Die Erkenntnisse haben in der medizinischen Gemeinschaft ein verhaltenes Interesse geweckt, da sie wichtige immunologische Störungen aufzeigen, die zu thromboinflammatorischen Effekten führen können.

Schlussfolgerung

Die von den Forschern identifizierten Biomarker sind spezifisch für Patienten mit Long COVID, diagnostisch sechs Monate nach Symptombeginn genau, und unabhängig von anderen Informationen zur COVID-19-Geschichte. Die klinische Anwendbarkeit dieser Biomarker könnte neue Behandlungsstrategien für Long COVID ermöglichen, indem therapeutische Ansätze, die auf das Komplementsystem abzielen, eingesetzt werden. Obwohl diese Arbeit einen wichtigen Schritt in Richtung Verbesserung der Diagnose und Behandlung von Long COVID darstellt, bleibt die Vielfalt der Symptome und ihre unterschiedliche Ausprägung zwischen den Individuen weiterhin eine Herausforderung.

Ausblick
Die Identifizierung dieser Blutproteinsignatur ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer genaueren Diagnose und potenziell zu neuen Behandlungsmöglichkeiten für Long COVID. Die weiterführende Erforschung der immunologischen Störungen bei Long COVID sowie die Entwicklung spezifischer Therapien, die auf das Komplementsystem abzielen, könnten die Lebensqualität von Patienten mit Long COVID verbessern.


Quelle: Carlo Cervia-Hasler et al., Persistent complement dysregulation with signs of thromboinflammation in active Long Covid. Science 383, eadg7942(2024). DOI:10.1126/science.adg7942