Irrtümer rund um das Thema Stillen

Artikel von Tommy Weber am 8. Juli 2022 um 19:27 Uhr im Forum Allgemeines & Sonstiges - Kategorie: Ratgeber & Wissen

Schlagworte:

Irrtümer rund um das Thema Stillen

8. Juli 2022     Kategorie: Ratgeber & Wissen
Schwangere Frauen werden nicht selten mit vielen gut gemeinten Ratschlägen zum Thema Stillen regelrecht überflutet. Dabei handelt es sich aber in der Regel entweder um Halbwahrheiten oder um manchmal auch schlechte persönliche Erfahrungen. Dies kann später zu einem völlig falschen Verhalten beim Stillen führen und im schlimmsten Fall die Mutter unter Druck setzen. Für werdende Mütter ist es daher sehr wichtig, sich durch eine unabhängige Quelle zu informieren und danach zu entscheiden, ob sie ihre Kinder stillen möchten oder nicht.

Irrtümer-rund-um-das-Thema-Stillen.jpg


Um das Thema Stillen ranken sich viele Legenden und es gibt eine Reihe von Irrtümern, in Bezug auf Sport, die Größe der Brust, die Ernährung und vieles mehr.

Wer nicht stillt, ist egoistisch
Viele Frauen, die körperlich dazu in der Lage sind, wollen ihre Kinder nicht stillen. Andere empfinden das Stillen als eine sehr schöne Erfahrung, als eine Verpflichtung sollte es aber nicht angesehen werden. Frauen sollten sich auf gar keinen Fall unter Druck setzen lassen, denn dies kann fatale Folgen haben. Frauen, die stillen, aber es eigentlich gar nicht wollen, setzen sich einem großen inneren Stress aus. Die Erfahrung, die in dieser Situation gemacht wird, kann das Verhältnis zwischen Mutter und Kind sogar negativ beeinträchtigen. Eine Frau, die nicht stillen möchte, sollte dies schon in der Schwangerschaft am besten mit ihrem Arzt besprechen. Er wird dann dafür sorgen, dass die Milchbildung schon vor dem Einschuss der Milch unterdrückt wird.

Muttermilch ist die beste Ernährung für das Kind
Stillen bringt sehr viele gesundheitliche Vorteile für das Kind mit sich. So senken die Inhaltsstoffe der Muttermilch die Häufigkeit der Infektionen bereits im Säuglingsalter, außerdem bekommt das Kind durch das Stillen alle wichtigen Mineralstoffe und Vitamine. Die Muttermilch enthält auch entzündungshemmende, antibakterielle und sogenannte immunmodulierenden Eiweißstoffe, die das Kind schützen, dessen Immunsystem noch nicht ausgereift ist.

Leider gibt es auch Fälle, in denen die Milch der Mutter schädlich für das Kind ist, etwa wenn die Mutter an einer bestimmten Infektionskrankheit wie Tuberkulose, HIV, Hepatitis B oder Zytomegalie leidet. Diese Mütter sollten ihr Baby nicht stillen, da die Erreger der Krankheiten durch die Muttermilch an das Kind weitergegeben werden. Schädlich ist Muttermilch ebenfalls, wenn darin Giftstoffe wie Alkohol, Medikamente, Drogen und Nikotin enthalten sind. Hat die Mutter ein Abhängigkeitsproblem, dann schadet sie dem Kind gleich doppelt, einmal schon während der Schwangerschaft und anschließend noch einmal beim Stillen.

Mütter, die arbeiten, sollten nicht stillen
Oftmals bleiben Mütter, die ihr Kind stillen, länger zu Hause als sie eigentlich möchten. Andere wollen aber so schnell wie möglich wieder arbeiten und entscheiden sich daher, erst gar nicht zu stillen. Beides ist nicht richtig. Die einfachste Lösung ist, wenn die Mutter während der Stillzeit zu Hause bleibt, aber es gibt noch andere Optionen. So lässt sich die Muttermilch einfach abpumpen und das Baby wird während der Abwesenheit der Mutter zwar mit Muttermilch, aber aus der Flasche gefüttert. Vor und nach der Arbeit kann sie ihr Kind dann weiter, wie gewohnt stillen.

Immer mehr Arbeitgeber bieten für Mütter flexible Lösungen an. So können sie zum Teil oder ständig von zu Hause aus arbeiten. Werdende Mütter sollten also so schnell wie möglich mit ihrem Arbeitgeber sprechen, welche Lösung für sie infrage kommt und möglich ist.

Stillen ist schlecht für die Brust
Ein Irrtum, der im Zusammenhang mit dem Stillen immer wieder auftaucht, ist, dass die Brust darunter leidet. Dabei gibt es schon kurze Zeit nach dem Abstillen keinen erkennbaren Unterschied zwischen dem Busen einer Frau, die ihr Kind gestillt hat und der Frau, die ihr Kind von Anfang an mit der Flasche gefüttert hat. Frauen, die sich aus Angst um ihre Brust gegen das Stillen entscheiden wollen, können beruhigt sein, denn das Gewebe bildet sich während beim Stillen sehr schnell wieder zurück.

Was sich allerdings nicht abstreiten lässt, ist die Tatsache, dass die Schwangerschaft die Brust verändert. Ob es überhaupt Veränderungen gibt, ist von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig. Hier braucht es einige Zeit, bis sich die Auswirkungen der Schwangerschaft zurückgebildet haben. Eine wichtige Rolle spielt immer die Festigkeit des Bindegewebes und diese ist bei jeder Frau anders.

Nur Mütter, die stillen, haben eine intensive Bindung zum Kind
Stillen versorgt die Kinder nicht nur mit der nötigen Nahrung, es wird auch eine körperliche Nähe zur Mutter hergestellt. Experten bezeichnen so etwas als „Bonding“. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass Mütter, die nicht stillen, keine innige Bindung zu ihrem Kind aufbauen können. Das Baby zu halten, mit ihm zu kuscheln und es zu streicheln, ist für eine intensive Bindung wichtig. Wenn an diesem Irrtum etwas Wahres wäre, könnten Väter auch keine innige Beziehung zu ihren Kindern aufbauen. Die Liebe zwischen Vätern und Kindern ist nicht weniger stark, nur weil die Väter nicht stillen können.

Sport oder Stillen - beides geht nicht
Wann nach der Geburt sind sportliche Aktivitäten wieder möglich und vertragen sich Stillen und Sport überhaupt? Frauen, die sich fit genug fühlen, können wie gewohnt Sport treiben, auch wenn sie stillen. Frauen sollten aber nicht den Fehler machen, sich in sportlicher Hinsicht unter Druck setzen zu lassen. Stillen kann, wie Leistungssport auch, sehr anstrengend sein und es werden dabei eine Menge Kalorien verbrannt. Frauen, die stillen und Sport treiben, sollten sich also nicht wundern, wenn sie an Gewicht verlieren. Wer nicht zu dünn werden möchte, muss auf eine ausreichende Kalorienzufuhr achten.

Ein guter Tipp ist es, das Kind vor dem Sport zu stillen, da auf diese Weise Spannungsgefühle in der Brust reduziert werden. Wichtig ist es zudem, ausreichend zu trinken, da sowohl der Sport als auch das Stillen den Bedarf an Flüssigkeit erhöhen.

Bestimmte Lebensmittel verändern die Milch der Mutter
Oftmals wird Frauen, die stillen, dazu geraten, möglichst viele Milchprodukte zu sich zu nehmen. Dies soll die Milchproduktion anregen und zudem die Qualität der Muttermilch verbessern. Vorteilhafter für Mutter und Kind ist jedoch eine ausgewogene Ernährung. Lebensmittel selbst können die Muttermilch nur geringfügig verändern. Manche Lebensmittel, die die Mutter zu sich nimmt, können allerdings bei ihrem Kind zu Blähungen führen. So etwas ist bei Eiern und bei einigen Milchprodukten der Fall. Wichtig ist allerdings, dass eine stillende Frau viel trinken muss, denn dies regt, besonders bei häufigem Stillen, in beiden Brüsten den Milchfluss an.

Zur Autoren Facebookseite

Bildquelle: © Depositphotos.com / nataliabostan
 

Kommentare

#2 9. Juli 2022
Beifügen könnte man noch, Bakterielle Infektionen, wie B-Streptokocken oder Borrelliose die ebenfalls über die Milch übertragen werden können und nicht immer erkannt werden. Daher ist ein Test vor der Geburt sinnvoll.

Die Blähungsfaktoren werden direkt weitergegeben über die Milch. Das war früher weniger bekannt, da man dachte, die "Wirkstoffe" gelangen nicht in die Milch. Beispielsweise Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen und auch Kohlsorten sollten gemieden werden, viele Säuglinge reagieren darauf mit starken Bauchschmerzen und entsprechendem Geschrei.
Die Durchlässigkeit von Inhaltsstoffen im Blut zur Muttermilch wird durch Histamin verstärkt. Das heißt, Histaminhaltige Lebensmittel oder Liberatoren (wie z.B. Kaffee und dunkle Schokolade), können die Verdauungs-Beschwerden beim Kind verstärken.