#1 20. Februar 2008 Die Welt wäre so schön einfach, wären angehende Kindsverführer in Chats und Social Networks so wie oft propagiert: Fake-Kinder, die Opfer über ihre Identität und Pläne belügen, um bei einem etwaigen Treffen das ahnungslose Kind zu überfallen. Dieses Klischee existiert praktisch nicht, so eine Studie, die einmal mehr mit Information statt Panikmache und Klischees zur Sicherheit von Kindern im Netz beitragen könnte. Nur: da helfen keine Filter und keine Online-Pranger, da hilft nur Erziehung. Die gern gepflegte Horrorvorstellung: ein Kind oder Teenager chattet mit einem Unbekannten, der sich als gleichaltrig ausgibt und Realdaten in "harmlosen" Gesprächen erhält. Bei einem Treffen kommt dann die grässliche Wahrheit ans Licht, und für das arme Opfer ist es dann zu spät. Nun hat eine Studie belegt, dass dieses Klischee mit der Realität nicht viel zu tun hat. Auch die typischen "Social Networks wie MySpace oder Facebook sind die Plattform der Wahl für angehende Kindesentführer"-Statements werden leider der komplexeren Realität nicht gerecht. Was den üblichen Panikverbreitern Bauchschmerzen bereiten wird: die Folge dürfte die Einsicht sein, dass die Gefahr kaum durch mehr Kontrolle, durch Online-Pranger oder Filter gelöst werden kann, sondern einzig und allein mit Erziehung und Gespräch mit Kindern und Teenagern zu lösen ist. Denn in der Regel machen die "Verführer" weder aus ihrem Alter noch aus ihren Absichten einen Hehl, auch online nicht. Selbst Drohungen und Einschüchterungen spielen meist keine Rolle, und auch das Klischee vom Fake-Kind, das Realdaten erschnüffelt, um anschließend zum gewalttätigen Entführer zu mutieren, trifft nicht zu. Janis Wolak vom "Crimes Against Children Research Center" an der Universität New Hampshire: "Solche Arten von Fällen haben wir keine beobachten können." Wolak warnt explizit vor den bestehenden Klischeebilder: wenn Missbrauch via Online-Kontakt regelmäßig als Fall dargestellt wird, bei dem statt dem vermeintlichen Spielkameraden plötzlich der böse Mann aus dem Busch springt, dann erkennen Kinder nicht mehr den realen Fall: denn dieser tarnt sich in der Regel als Romanze, in der über Absichten und Alter kaum ein Geheimnis gemacht wird: "Die überwiegende Mehrheit der Fälle, die wir beobachtet haben, betrafen junge Teenager, meist Mädchen zwischen 13 und 15, die von Erwachsenen angesprochen wurden, welche geradeheraus sagten, dass es ihnen um Sex ginge." Das Fazit: die aktuell gepflegten Klischeebilder der Kinderschänder, die via Chat, Facebook, MySpace und Konsorten die Realdaten ihrer Opfer heimlich oder getarnt ausspähen und anschließend zur Tat schreiten, haben mit der Realität kaum zu tun. Im Gegenteil gefährden sie die Kinder, da diese Gefahren ganz woanders sehen als dort, wo sie wirklich drohen - nämlich bei den Gesprächspartnern, die über ihre Ziele und Motive an sich durchaus ehrlich sind. quelle: gulli untergrund news + Multi-Zitat Zitieren