#1 19. Juli 2007 Gemäß der Unternehmenssteuerreform sollen künftig auch Jobcenter und Arbeitsämter bei Verdacht auf Leistungsmissbrauch die Kontendaten von Hartz-IV-Empfängern abfragen dürfen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die neue Befugnis rege genutzt wird. "Das wird wahrscheinlich in Zukunft zu einem Anstieg der Gesamtzahl der Abfragen führen", sagte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums der Stuttgarter Zeitung. Bisher nutzen vor allem Finanzämter, Zoll und Polizei die Möglichkeiten zum automatischen Kontenabruf, um Straftaten wie Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu bekämpfen. Auch einige Sozialbehörden dürfen seit April 2005 gemäß der Abgabenordnung auf diesem Weg Informationen über die so genannten Kontostammdaten von Leistungsempfängern abfragen. Das Bundesverfassungsgericht hatte aber jüngst den Beschwerden von zwei Sozialhilfeempfängern gegen diese Norm stattgegeben und eine rasche Überarbeitung gefordert. Die Gesetzesgrundlage leide an einem "Bestimmtheitsmangel" und lege nicht klar den Kreis der Behörden fest, die ein Ersuchen zum Abruf von Kontostammdaten stellen können. Ebenfalls nicht hinreichend deutlich würden die Aufgaben, denen solche Inspektionen dienen sollen. Die Unternehmensreform hat der Bundesrat vor kurzem gebilligt, sodass sie prinzipiell im Januar 2008 in Kraft treten kann. Es bleibt abzuwarten, ob es zu einer Verfassungsbeschwerde auch gegen die neue Bestimmung kommt. Betroffene befürchten jedenfalls bereits Willkür gegenüber Langzeitarbeitslosen, die das Arbeitslosengeld II erhalten. Dafür sorgt unter anderem die Formulierung im Gesetz, wonach die Behörde vor einer Kontoabfrage nicht zwingend bei dem Betroffenen auf anderem Wege nachforschen müsse. Vielmehr könne sie sich darauf berufen, dass "ein vorheriges Auskunftsersuchen keinen Erfolg verspricht". Das Kontenabrufverfahren war im Zuge der Terrorbekämpfung installiert worden, um Daten über die Finanzsysteme von Terrororganisationen finden zu können. Grundsätzlich geregelt ist es im "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" (PDF-Datei). Es ermöglicht den berechtigten Behörden, deren Kreis nun immer weiter ausgedehnt wird, den Zugriff auf die Daten von rund 500 Millionen Bankkonten und Wertpapierdepots. Im vergangenen Jahr nutzten die Ämter das Instrument in rund 81.000 Verdachtsfällen. Dabei erfuhren sie neben Namen, Adresse und Geburtsdatum des Inhabers die Nummern aller Bankkonten, Wertpapierdepots und Bausparverträge. Erfasst wird auch, wann ein Konto eröffnet oder geschlossen wurde und wer verfügungsberechtigt ist. In einem zweiten Schritt können im Rahmen weiterer gesetzlicher Bestimmungen auch Kontostände und Umsätze abgefragt werden. Dazu muss dem Kontoinhaber aber zunächst die Chance gegeben werden, die Existenz eines bislang verschwiegenen Kontos aufzuklären. (Stefan Krempl) / (pmz/c't) Quelle:http://www.heise.de/newsticker/meldung/93001 + Multi-Zitat Zitieren