Kritik zur Verleihung des Nobelpreises

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von graci, 11. Dezember 2008 .

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  1. 11. Dezember 2008
    ZEIT ONLINE 10.12.2008 - 19:31 Uhr [http://www.zeit.de/online/2008/50/nobelpreis-verleihung-bestechung]


    Nobels Albtraum
    Von China bezahlte Luxusreisen, ein Pharmakonzern als Sponsor und riskante Finanzgeschäfte mit dem Vermögen ihres Begründers: Die Nobelstiftung steht massiv in der Kritik

    Es war auch an diesem Mittwoch ein feierlicher Tag in Stockholm als im Konzerthaus traditionell zum Todestag ihres Stifters die Nobelpreise verliehen wurden. Allerdings stand die Nobelstiftung im Vorfeld noch nie so in der öffentlichen Kritik wie in diesem Jahr. Die Vorwürfe wiegen schwer: Von Bestechung und riskanten Fehlspekulationen mit dem Nachlass Alfred Nobels ist die Rede.

    Wie jetzt bekannt wurde, soll das Nobel-Vermögen so weit geschrumpft sein, dass die Finanzierung des Nobelpreisgelds von umgerechnet etwa einer Million Euro pro Disziplin aufgrund der Finanzkrise nicht mehr gesichert sein soll. Zwar müssten die diesjährigen Geehrten nicht um ihr Preisgeld bangen, doch sei nicht mehr gewährleistet, dass die Nobelstiftung auch in Zukunft die vollen Summen ausbezahlen kann, berichtete das öffentlich-rechtliche schwedische Radio SR (Sveriges Radio).

    In der Tat hatte sich die Stiftung im Jahr 2004 darauf geeinigt, einen Teil ihrer Milliarden in Hedgefonds zu investieren. So könne man die Zinseinnahmen deutlich erhöhen, in guten wie in schlechten Wirtschaftszeiten, lautete die Begründung. Das erwies sich als falsch: Die Hedgefonds, darunter ausgerechnet der "Worldwidelong /short fund" der krisengeschüttelten Investmentbank Carnegie, machen Miese.

    Alfred Nobel legte in seinem Testament ausdrücklich fest, dass sein Vermögen in "sichere Wertpapiere" angelegt werden soll. Genau das habe man getan, sagt Åke Alteus, Vizechef der Nobelpreisstiftung und hauptverantwortlich für die Finanzen. "Früher galten Staatsobligationen als sichere Wertpapiere. Heute geht man aber davon aus, dass eine sichere Investition in einem gut ausbalancierten Portfolio mit einer breiten Risikostreuung besteht."

    Mittlerweile stehen nicht nur die riskanten Zinsgeschäfte der Stiftung in der Kritik: Pünktlich zur Preisvergabe werden weitere Vorwürfe laut. So enthüllte der Sender SR, dass die Vorsitzenden der Nobelpreiskomitees für Chemie, Physik und Medizin von der chinesischen Regierung auf zwei aufwendige Reisen ins Reich der Mitte eingeladen wurden – das letzte Mal im Januar 2008.

    Die chinesische Regierung sorgte gut für die Nobelrichter. Sie zahlte alles – von den Flügen in der Business Class über die Übernachtung in Luxushotels bis zu feinen Abendessen und einer großen Rundreise. Obwohl die Nobelrichter, laut eigenen Angaben, dabei ständig gefragt wurden, was China machen müsse, um Nobelpreise einzuheimsen, empfanden sie die Annahme der Einladungen damals als unproblematisch.

    Nun regt sich das schlechte Gewissen. "Hätten wir gewusst, dass der Nobelpreis im Zentrum der Reise steht, hätte ich unseren Mitgliedern abgeraten zu reisen", rechtfertigt sich etwa Gunnar Öqvist, ständiger Sekretär der Königlichen Wissenschaftsakademie gegenüber SR. Sven Lidin vom Komitee für den Chemiepreis sieht hingegen keinen Grund zur Sorge: "Man kann sich vorstellen, dass man sich in einem Grenzfall befindet, aber mich beunruhigt das überhaupt nicht", sagte er. Etwas selbstkritischer reagierte Bertil Fredholm vom Medizinpreis. Er bedauere die Teilnahme an einer Chinareise vor zwei Jahren. Auf die Frage, ob es ein Risiko gebe, dass er sich durch die Reise beeinflussen lasse, antwortete er im Radio ungewöhnlich offen: "Ich glaube das nicht. Aber zu beweisen, dass es nicht so ist, ist nicht leicht."

    Es wird auch kritisiert, dass die reisenden Komiteemitglieder nicht darauf Rücksicht nahmen, dass das chinesische Staatsfernsehen erst im vergangenen Jahr diejenigen Teile der Nobelpreiszeremonie, in denen es um Meinungsfreiheit ging, für das chinesische Publikum aus der Fernsehübertragung herausschnitten. Kritiker unken nun, dass sich auch die Richter des Friedensnobelpreises von Peking einladen lassen. Das Komitee war in diesem Jahr heftig kritisiert worden, als es den Friedensnobelpreis an den politisch unproblematischen finnischen Friedensvermittler Martti Ahtisaari verlieh, statt an chinesische Menschenrechtler.

    Als ob all das so kurz vor der Preisvergabe nicht reichen würde, wird die Nobelstiftung dieser Tage zusätzlich noch scharf wegen ihrer Nähe zum Pharmakonzern Astra Zeneca kritisiert. Das Unternehmen ist seit einem guten halben Jahr Hauptsponsor der Nobelpreisfirmen "Nobel Media" und "Nobel Web". Sie kümmern sich um die Medienrechte am Nobelpreis. Im Oktober ging dann der Medizinnobelpreis an den deutschen Forscher Harald zur Hausen für dessen Entdeckung der Gebärmutterhalskrebs verursachenden humanen Papillomviren (HPV).

    Auch durch die Ehrung zur Hausens darf Astra Zeneca nun mit astronomische Einnahmen rechnen, unterstellen schwedische Medien. Der Arzneimittelkonzern hat die Patente für beide auf dem Markt erhältlichen HPV-Impfstoffe, Cervarix und Gardasil. Mit dem zusätzlichen Verkauf der Nutzungsrechte an weitere Firmen komme der Konzern, zusammen mit weiteren Einkünften auf Einnahmen zwischen 30 bis 50 Millionen Euro, rechnete ein Experte der großen schwedischen Bank Swedbank vor. Durch die Preisvergabe an den Entdecker der HP-Viren würden zusätzlich die international immer noch wegen angeblicher Wirkungslosigkeit und starken Nebenwirkungen umstrittenen flächendeckenden Impfprogramme gegen Gebärmuttelhalskrebs gefördert.

    Laut Nobelstiftungsdirektor Michael Sohlman hat der Konzern aber keine Möglichkeit, die Vergabe des Preises zu beeinflussen. "Wir sind überaus sicher, dass dies etwas ist, das nichts miteinander zu tun hat", sagt er. Hans Jörnvall, Sekretär des Nobelkomitees des Karolinska Institutes, ist kritischer: "Es ist das erste Mal, dass wir einen großen Sponsor bekommen, der so ungewöhnlich nahe an unserem eigenen Tätigkeitsfeld liegt", sagte er dem schwedischen Rundfunk.

    Auf die Sponsorenzusammenarbeit der Stiftung angesprochen, war der deutsche Nobelpreisträger zur Hausen am Dienstag auf einem Botschaftsempfang in Stockholm ehrlich überrascht. "Zu der Kritik gegen die Stiftung wegen Sponsoren kann ich nichts sagen. Ich höre dies das erste Mal", sagte er gegenüber ZEIT ONLINE. Als Forscher in seinem Gebiet könne er nur sagen, dass es vielen Frauen Leiden ersparen würde, wenn sie vor der sexuell aktiven Zeit gegen die Viren geimpft würden. Auch in schwedischen Medien wird unterstrichen, dass zur Hausen selbst in keiner Weise mit der wirtschaftlichen Nutzung der Impfstoffe zu tun hat.

    Die Kritiker, allen voran angesehene Wissenschaftsjournalisten in Schweden, sind sich sicher, dass die Nobelstiftung im Laufe der Jahre einfach zu bequem und damit zu wenig selbstkritisch geworden sei. Das könne dem Ruf der Nobelpreise nachhaltig großen Schaden beifügen, befürchten sie. Doch Kritik zu üben sei nicht gern gesehen, sagt einer von ihnen: "Journalisten, die Enthüllungen über die Nobelstiftung machen, werden in Schweden ähnlich unwillkommen behandelt, wie Journalisten, die die königliche Familie in ein schlechtes Licht rücken."

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    jaja, hat nix miteinander zu tun. Eine AG schmeisst einfach so mal eben paar Hundertausende € raus ohne Hintergedanken.
     
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