Das Prinzip der Thermoelektrik
Thermoelektrische Geräte nutzen einen fundamentalen physikalischen Grundsatz. Wärmeenergie bewegt sich, so heißt es, von heißeren Zonen zu kälteren. Elektronen wandern von einer wärmeren Fläche zu einer kühleren Fläche, was einen elektrischen Strom erzeugt. In der Theorie könnten thermoelektrische Generatoren, Materialien oder sogar Farben Strom aus kleinen Temperaturunterschieden erzeugen. Diese könnte man in Motoren, Kraftwerken oder zur Nutzung von Körperwärme einsetzen.
Die Neuheit: Wärme ohne Gradient nutzen
In der Regel gilt, dass ein größerer Temperaturgradient die Effizienz eines thermoelektrischen Generators verbessert. Doch nun haben die japanischen Wissenschaftler einen neuen Weg gefunden. Der innovative Ansatz beruht auf dem Prinzip der Ladungstrennung. Die Wärme aus der Umgebungsluft bewirkt, dass negative Elektronen und positive "Löcher" im Material sich trennen und in unterschiedliche Richtungen bewegen, wodurch ein elektrischer Strom erzeugt wird.
Die Rolle organischer Verbindungen
Der verwendete Werkstoff besteht aus organischen Verbindungen. Diese Materialien zeichnen sich durch ihre Fähigkeit aus, Elektronen untereinander einfach zu übertragen. Die verschiedenen Arten dieser Verbindungen sind in dünnen Schichten gestapelt, fast so wie Treppenstufen. Dieser Stapelmechanismus ermöglicht es den Elektronen und Löchern, durch Wärmeaufbringung genügend Energie zu erlangen, um auf die nächste „Stufe“ zu springen.
Die experimentellen Ergebnisse
Nach vielen Experimenten mit unterschiedlichen Kombinationen von Verbindungen traf das Team schließlich die Wahl auf eine spezifische Prototypenkreation. Diese besteht aus einer 180-nanometervollen Schicht aus Kupferphthalocyanin, gefolgt von 320 nm Kupferhexadecafluorphthalocyanin, 20 nm Fulleren und 20 nm Bathocuproin.
Die Ergebnisse sind beeindruckend, wenn auch im Vergleich zu herkömmlichen Energiequellen klein. So erreichte der Prototyp eine Leerlaufspannung von 384 Millivolt, eine Kurzschlussstromdichte von 1.1 μA/cm² und eine maximale Ausgangsleistung von 94 nW/cm². Natürlich ist das eine winzige Menge an Elektrizität. Doch die Tatsache, dass sie bei Raumtemperatur generiert wird, könnte die Entwicklung einfacher Generatoren vorantreiben.
Zukunftsausblick und Optimierungsbedarf
Professor Chihaya Adachi, der Hauptautor der Studie, äußerte: „Wir möchten weiterhin an diesem neuen Gerät arbeiten und sehen, ob wir es mit unterschiedlichen Materialien weiter optimieren können.“ Zusätzlich könnte eine Erhöhung der Fläche des Geräts die Stromdichte erhöhen. Interessanterweise ist das ein untypisches Merkmal, selbst für organische Materialien. Dies verdeutlicht das enorme Potenzial organischer Materialien in der thermoelektrischen Energieerzeugung.
Schlussfolgerung
Die neue Technologie zeigt, dass es möglich ist, Energie aus Raumtemperaturwärme zu gewinnen. Dies könnte möglicherweise die nächste Generation von thermischen Energiegewinnungen darstellen. Die Zukunft hält vielversprechende Möglichkeiten bereit, während die Wissenschaftler weiterhin Optimierungen anstreben – eine spannende Entwicklung für die Energiewende und nachhaltige Technologien.
Quelle: Kondo, S., Kameyama, M., Imaoka, K. et al. Organic thermoelectric device utilizing charge transfer interface as the charge generation by harvesting thermal energy. Nat Commun 15, 8115 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-52047-5