#1 30. August 2007 Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) hat in einem Positionspapier "Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Digitalisierung der Fernsehübertragungswege" aufgezeichnet. Vor dem Hintergrund der langsamen Umstellung auf Digital-TV hierzulande hat die Lobby-Vereinigung darin Forderungen etwa nach einer höheren Verbreitung intelligenter Set-Top-Boxen sowie erneut zur Grundverschlüsselung der digitalen TV-Übertragungswege erhoben. Nur ein "von allen getragenes Gesamtkonzept für eine erfolgreiche Digitalisierung durch einen netzübergreifend abgestimmten Analog-Digital-Umstieg schafft Planungs- und Investitionssicherheit", heißt es zur Begründung. Ein solches Vorgehen läge "sowohl im Interesse der Inhalteanbieter als auch der Infrastrukturanbieter, der Endgerätehersteller und der Verbraucher". Das Digitalfernsehen hat dem VPRT zufolge gegenwärtig 44 Prozent Marktanteil in Deutschland. Der Satellit schneidet dabei mit 24,4 Prozent noch vergleichsweise gut ab, DVB-T liegt bei knapp 10 Prozent, das Kabel abgeschlagen bei 8,7 Prozent Digitalisierungsrate. Von den rund 37 Millionen TV-Haushalten empfangen immer noch etwa 22 Millionen nur analoge Signale. Die Steigerungsraten des digitalen Empfangs lagen im vergangenen Jahr laut dem aktuellen Digitalisierungsbericht von TNS Infratest im Kabel bei 2 Prozent, in der Terrestrik und beim Satelliten jeweils bei 5 Prozent. Eine vollständige Digitalisierung würde bei Fortschreibung dieser Werte noch mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Dabei war es einmal Ziel der Bundesregierung, den Umstieg auf den digitalen Rundfunk bis 2010 über die Bühne zu kriegen. Die anhaltende Schwäche des TV-Breitbandkabels versuchte Oliver Ecke von TNS Infratest auf dem Medienforum Berlin-Brandenburg unter anderem mit der "Stärke des analogen Kabelanschlusses" zu erklären. Damit sei nach wie vor "richtiges Plug & Play" möglich, man könne das Signal direkt aus der Dose in unterschiedlichen Räumen für mehrere Fernseher abschöpfen. Beim digitalen Anschluss würden dagegen Zusatzgeräte benötigt. Verwundert hat Ecke, dass der Anteil des Antennenfernsehens mit zunehmender Verbreitung des "Überall-Fernsehens" DVB-T nicht gestiegen ist und bei Programmbouquets ohne die Privaten noch weiter am Sinken sei. "Wenn schon digital, dann richtig", sieht der Marktforscher hier die Bereitschaft zum Wechsel hin zum Satelliten und teilweise zum Kabel größer. Als allgemeinen Treiber der Digitalisierung nannte Ecke attraktive Programmangebote und exklusive Sportinhalte oder Filme, eine bessere Bildqualität sowie die politisch eingeleitete Zwangsumstellung wie im Fall DVB-T. "Die Wohnungswirtschaft kann gut damit leben, dass noch vieles analog im Kabel ist", führte Hans Hege, Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), als weiteren Grund für die langsame Verbreitung des digitalen TV-Kabels an. Auch die großen TV-Veranstalter seien keine glühenden Verfechter der Digitalisierung, da sie Konkurrenz durch Spartenkanäle fürchten würden. Die Umstellung wäre zudem "viel leichter in einer Zeit, wo nicht kurzfristige Investitionsrückflüsse zählen", reihte sich Hege in die Phalanx der Kritiker von "Heuschrecken"-Aufkäufen im deutschen Medienmarkt ein. Die erweiterte Programmqualität sei zudem "nicht so viel besser, als dass sich der Umstieg auf digital von selbst erklären würde". Als Ausweg aus der Misere macht sich der VPRT konkret für klare Vorgaben an die Endgeräteindustrie stark, die bisherigen weit verbreiteten reinen "Zapping-Boxen" fürs Digital-TV nur noch in Ausnahmefällen zu produzieren. Vielmehr sollten die Hersteller "nur noch zukunftsfähige Empfangsgeräte in den Markt bringen, die auf Basis netzübergreifender Standards und interoperabler Schnittstellen alle digitalen Angebotsformen verarbeiten können". Weiter pocht der Verband auf die "Einführung der Grundverschlüsselbarkeit über alle digitalen Netze" hinweg. Damit könnten "intelligente nationale und regionale Netzstrukturen vom Sender bis zum Empfänger" geschaffen werden, "die umfassenden Signalschutz, Interaktivität und Adressierbarkeit der Endgeräte erlauben". Nicht zuletzt setzen sich die Privatsender für rechtliche Rahmenbedingungen ein, "die technologieneutral die Bedeutung des Rundfunks, die programmliche Vielfalt und die Wettbewerbsfähigkeit der privaten Medienunternehmen sichern". Damit will der VPRT die "Expansion des öffentlich-rechtlichen, gebührenfinanzierten Rundfunks in die neuen Medienmärkte" etwa im Rahmen der viel kritisierten Digitalisierungsstrategie der ARD verhindert wissen. Ohne klare gesetzliche Begrenzungen der gebührenfinanzierten Angebote im Netz sei eine wirtschaftlich tragfähige Digitalisierung nicht möglich. VPRT-Präsident Jürgen Doetz bezeichnete die digitalen Pläne der Öffentlich-Rechtlichen auf dem Medienforum als "widerrechtlich" und witterte einen Verstoß gegen den Kompromiss, den die Ministerpräsidenten mit der Brüsseler EU-Wettbewerbskommission zur Gebührenfinanzierung gefunden haben. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zeige mit seinen Digitalplänen keinen Respekt vor den Gesetzgebern und Gebührenzahlern. Doetz kündigte an, dass er sich in Brüssel für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aussprechen werde, wenn sich ARD und ZDF nicht in den Gesprächen mit den Ministerpräsidenten am 6. September zu einer Selbstbindung verpflichten würden. Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff kritisierte die Vorwürfe als "völlig überzogen". Das Vorhaben des Ersten stimme mit den rechtlichen Vorgaben überein. Die ARD habe bisher für alle ihre Online-Angebote 41 Millionen Euro ausgegeben. Zudem versprach er, dass die Digitalstrategie zu keiner Belastung der Gebührenzahler führen werde. (Stefan Krempl) / (pmz/c't) Quelle:http://www.heise.de/newsticker/meldung/95149 + Multi-Zitat Zitieren