Sind Prägestätten in Europa noch sinnvoll?

Artikel von Fabiane Herbst am 25. Januar 2022 um 16:59 Uhr im Forum Finanzen & Versicherung

Sind Prägestätten in Europa noch sinnvoll?

25. Januar 2022    
Immer mehr Prägestätten werden geschlossen, vor allem in Schweden und Belgien werden solche Fabriken geschlossen. Aber wieso? Hat das mit der erhofften Abschaffung des Bargeldes zu tun?


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Der 24. März 2023: Ist dies der Stichtag der Geschichte des Geldes? Dieser Tag könnte laut Berechnungen von verschiedenen Wissenschaftlern das Ende der schwedischen Krone sein - zumindest in Form von Münzen und Geldscheinen. Dem Bericht zufolge wird es spätestens zu diesem Zeitpunkt für Händler in Schweden unwirtschaftlich werden, Zahlungen in Bar zu akzeptieren. Das Ende der Krone wird also früher kommen als erwartet. Bisher war die Schwedische Nationalbank davon ausgegangen, dass spätestens 2030 die schwedische Krone in Bar ihr Ende finden wird.



Eine digitale Alternative

Es ist vorherzusehen, dass die schwedische Gesellschaft bald bargeldlos sein wird. Selbst auf Flohmärkten und in der Kirche werden kleine Beträge mit der Kreditkarte oder mit Smartphone-Apps bezahlt. Außerdem wird in immer weniger Geschäften Bargeld akzeptiert. Um ein Gegengewicht zu den privaten Zahlungsdiensten zu schaffen, arbeitet die Riksbank seit 2016 an dem Pilotprojekt E-Krone - zinsfrei und wertorientiert. Gleichzeitig soll eine digitale staatliche Alternative zum Bargeld geschaffen werden.



Bereits 2011 Ende der schwedischen Münzen

Im Jahr 2002 wurde die schwedische Krone an Wettbewerber aus Finnland verkauft. Dies waren bereits erste schleichende Anzeichen für den Abgang der Münzen. Die Produktion der schwedischen Münzen wurde dann sogar im Jahre 2008 komplett von der finnländischen Firma “Rahapaja Oy” übernommen. Und schließlich kam es dann 2011 dazu, dass die schwedische Münze komplett verkauft wurde.



Was wird gegen die Schließungen unternommen?

Das Schicksal der schwedischen Münze ist jedoch leider kein Einzelfall in Europa. Auch in Belgien ist es ähnlich: die königliche Prägestätte Belgiens berichtete im Jahre 2017 dass die letzte belgische Münze im Jahr 2018 in Brüssel geprägt wird und danach keine neuen Münzen mehr produziert werden. Zu den von der Schließung Betroffenen gehörte auch der bekannte Graveur Luc Luycx, der damals die Vorderseite der Euro-Münzen gestaltet hatte. Jedoch hatte die Regierung des Königreiches schon mit solchen Geschehnissen gerechnet und vorgesorgt. Die belgischen Umlaufmünzen werden nun von Nachbarn in den Niederlanden hergestellt. Das ist keine sehr überraschende Entscheidung, denn beispielsweise die Münzanstalt in Utrecht gehört zur belgischen Heylen-Gruppe.



Einfallsreichtum der Engländer

Münzen können trotz der Abschaffung der kleinen Umlaufmünzen eine Zukunft haben. Dies zeigen verschiedene Anbieter in Europa. Royal Mint aus Großbritannien produziert beispielsweise pausenlos verschiedenste Münzen und zählt Dutzende von Ländern weltweit zu ihren Kunden. Der Slogan "Established for tomorrow" gilt auch hier mit Sicherheit. Und vor einigen Jahren hat die traditionsreiche Münzanstalt eine weitere Neuerung eingeführt, die deutlich macht, dass man in der walisischen Kleinstadt Llantrisant noch lange nicht an das Ende der Münzproduktion denkt: Mit der Royal Mint Experience wurde eine Erlebnisausstellung mit Führung durch die Münzanstalt geschaffen, die sich zu einem Publikumsmagneten entwickelt hat. Dadurch geben die Briten einen Einblick in die hochspezialisierte Produktion von Bargeld und gewährleisten Transparenz gegenüber den Bürgern und Gästen aus aller Welt.



Wie sieht es mit den deutschen Prägestätten aus?

Viele Menschen befürchten das Aussterben von Prägestätten und Bargeld, da dies momentan in Schweden und Belgien eintrifft. Jedoch sind die restlichen europäischen Münzprägestätten bisher relativ stabil. Obwohl es immer wieder Diskussionen darüber gibt, ob Deutschland wirklich fünf Münzstätten braucht, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass einer der Münzbuchstaben A, D, F, G oder J aus dem Kanon der Münzzeichen gestrichen wird. Die Münzen der einzelnen Staaten werden stattdessen noch mehr miteinander konkurrieren. Davon betroffen sind die Prägestätten in Berlin, München, Stuttgart, Karlsruhe und Hamburg.



Prägestätten bleiben am Leben

Es kann momentan noch von keinen allgemeinen Sterben der Münzen gesprochen werden. Auch wenn das in Schweden und Belgien anders aussieht, gibt es dort sehr verständliche wirtschaftliche Erklärungen dafür. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Prägung von Münzen ist kein neues Phänomen. Suomen Rahapaja aus Finnland ist zum Beispiel für die Prägung von Euro-Münzen aus Estland, Griechenland, Luxemburg, Slowenien, Zypern und Irland verantwortlich. Einige europäische Länder kommen schon seit einigen Jahrzehnten ohne eigene Währung aus, beispielsweise Island: Das Land lässt seine Münzen von Royal Mint aus Großbritannien und Royal Mint Canadian aus Kanada produzieren.



Die Konkurrenz wird jedoch immer größer

Die verbleibenden Prägeanstalten sehen sich jedoch zunehmend mit der Frage konfrontiert, wie das Geschäft in Zukunft weiterlaufen soll, denn immer mehr Länder werden auf Münzen verzichten. Außerdem wird die Konkurrenz immer mehr wachsen. Private Münzstätten wie die Pobjoy Mint in Großbritannien oder die Germania Mint in Polen werden immer bekannter. Neue Handelsbereiche müssen erschlossen werden. Und so könnte das Ganze aussehen: Die französische Wertpapierdruckerei Oberthur erhält in ganz Europa immer mehr Aufträge zur Produktion von “Null-Euro” Souvenirscheinen. Werden somit auch offizielle Prägestätten bald Null-Euro Münzen und Scheine herstellen?