Suchen ohne Tunnelblick

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 12. November 2008 .

  1. 12. November 2008
    Wie wir das Web wahrnehmen, wird erheblich von Suchmaschinen beeinflusst - insbesondere von Marktführer Google. Doch diese einseitige Art der Informationsbeschaffung ist undemokratisch, meint Informationswissenschaftler Bernhard Rieder. Im Gespräch mit ORF.at erklärt er, wie die Websuche besser und vielfältiger werden könnte. Google werden seine Ideen nicht gefallen.

    Google ist wie das Tor zum Web. Die Suchmaske ist so simpel, dass sich jeder sofort auskennt. Doch hinter der glatt polierten Oberfläche steckt ein komplexer Suchvorgang. Google durchforstet mit seinen Crawlern das Netz, nimmt die gefundenen Webseiten in seinen Index auf und erstellt dann zu jeder Anfrage ein Ranking.

    Google präsentiert quasi das "Best of" des Internets. Und so hat der Marktführer unter den Suchmaschinen einen erheblichen Einfluss darauf, welche Webseiten für User sichtbar sind - und welche nicht.

    "Die Reichen werden reicher"

    Doch Google hat auch Macken. Einmal ganz abgesehen von den üblichen Datenschutzbedenken und der Tatsache, dass sich Google, was seine Technik betrifft, nicht in die Karten schauen lässt, zeigt die Google-Suche ein Manko: Sie bevorzugt jene Seiten, die eh schon jeder kennt.

    Die Suchmaschine stuft eine Webseite dann als besonders wichtig ein, wenn sie von vielen anderen wichtigen Seiten verlinkt wird. Also landen populäre Internet-Portale weit oben im Google-Ranking - und bekommen noch mehr Aufmerksamkeit. Ein Teufelskreis entsteht. "The rich get richer", nennt Rieder das. Die Reichen werden reicher.

    Demokratische Suchmaschinen

    Rieder lehrt als Assistenzprofessor an der Pariser Universität Saint-Denis und war vergangene Woche auf der "Deep Search"-Konferenz in Wien zu Gast. Der gebürtige Klagenfurter erforscht, wie man Suchmaschinen demokratischer machen könnte. Ihn stört die Dominanz von Google.

    Acht von zehn Webqueries laufen lauf dem Marktforscher Comscore über Google. "Die Frage ist gar nicht, ob das Unternehmen seine Marktführerschaft missbraucht. Es geht darum, wie demokratisch es ist, wenn so viele Menschen nur eine Suchmaschine verwenden", sagt Rieder.
    Mehr Pluralität

    Er wünscht sich Pluralität: Mehr Suchmaschinen, mehr Suchmethoden. Dass das möglich ist, zeigt in seinen Augen Exalead. Die Suchmaschine soll die französische Antwort auf Google sein. Und im Gegensatz zu Yahoo und Microsofts Live Search hebt sich Exalead laut Rieder auch deutlich vom Marktführer ab. "Wenn man dort etwas sucht, erhält man andere Ergebnisse als bei Google", sagt er. Auch Exalead will sich nicht in die Karten schauen lassen, wie es das genau macht.

    Dieses Beispiel zeigt aber, dass es mehr als nur eine Methode geben kann, um ein brauchbares Suchergebnis zu bekommen. Wer sich allerdings auf eine Methode beschränkt, riskiert, mit einem Tunnelblick durchs Web zu surfen. Das zeigt sich schon jetzt: Bei manchen Debatten verlinkt Google tendenziell eher Webseiten, die der Mehrheitsmeinung entsprechen. Der Rest landet weiter unten.

    Wikia mit Schwachstellen

    Im Vorjahr sorgte Wikipedia-Gründer Jimmy Wales für Aufsehen, als er verkündete: "Search is broken." Die Suche sei kaputt. Er startete daraufhin seinen eigenen Dienst Wikia Search, bei dem die User selbst entscheiden, welche Webseiten oben im Ranking landen. "Es ist sicher wichtig, dass der Mensch wieder stärker eingebunden wird", meint Rieder. Aber ob der Zugang von Wales zielführend ist, hinterfragt der Forscher.

    Wer bei Wikia nach dem US-Präsidentschaftskandidaten John McCain sucht, wird keine ausgewogene Auflistung, sondern hauptsächlich Pro-Obama-Seiten finden. So eine verzerrte Darstellung ist eine der Schwachstellen, wenn die Community alles bestimmt.

    Der Konkurrenz voraus

    Der größte Stolperstein für neue Suchmaschinen ist allerdings, dass Google ihnen meilenweit voraus ist. Erst im Juli gab der Marktführer bekannt, die einbillionste URL im Web gefunden zu haben. Kein Start-up-Unternehmen kann sich die Unmengen an Servern leisten, mit denen Google all diese Daten speichert und auf Knopfdruck für User verarbeitet.

    Gleichzeitig wird aber kein User auf eine neue Search-Engine umsteigen, wenn diese viel länger lädt. Extrem hohe Infrastrukturkosten und bestehende User-Gewohnheiten hindern die Konkurrenz daran, an Googles Marktanteilen zu knabbern.

    "Google aufsplitten"

    Deswegen soll der Staat eingreifen, empfiehlt Rieder. "Die radikalste Variante wäre, Google aufzusplitten. Bei Unternehmen wie AT&T ist das im 20. Jahrhundert auch passiert." Er weiß sehr wohl, wie unwahrscheinlich und kompliziert eine Zerschlagung von Google ist.

    Aber er hat sich auch andere Möglichkeiten überlegt. Einerseits könnten Staaten lokale Suchmaschinen subventionieren. Ähnlich wie bei der heimischen Presseförderung könnte das die Pluralität fördern. Andererseits könnte Google dazu gezwungen werden, einen Teil seiner Infrastruktur für andere zugänglich zu machen. Die "Google Sandbox" nennt der Forscher dieses Konzept. "Open-Source-Programmierer könnten eigene Rankingmechanismen für Google schreiben", meint er. Denkbar wäre beispielsweise, dass die Organisation Reporters sans frontieres (Reporter ohne Grenzen) unter Rfs.google.com dann eine eigene Suche für Online-Zeitungen anbietet, die auch nach anderen Kriterien ein Ranking der besten Treffer erstellt.

    Google aufsplitten, sich dort einnisten und andere Suchmaschinen fördern: Diese drei Möglichkeiten könnten laut Rieder zu einer Demokratisierung der Suche führen. Das Wichtigste sei allerdings, dass User und Politiker zu verstehen beginnen, wie viel Macht Suchmaschinen als Schwellenhüter von Information besitzen. Wenn dieses Verständnis gegeben sei, werde auch Google die Konkurrenz zu spüren beginnen.


    quelle: futureZone.orf.at
     
  2. 12. November 2008
    AW: Suchen ohne Tunnelblick

    DANKE

    Nix gegen große Konzerne aber ich hasse Googles Internet-Zentralorgan Stellung sowieso. Naja Chrome, AdSense, Maps, Earth.... alles tolle Dienste aber leider alles unter voller Kontrolle von big G!

    Die neuen Google Android Phones kann man ohne einen Google Account nicht mal in Betrieb nehmen geschweige denn im legalen Rahmen das Android Linuxsystem anpassen... Einerseits ist das benutzerfreundlich, andererseits halt nicht wirklich liberal.
     
  3. 12. November 2008
    AW: Suchen ohne Tunnelblick

    Habe persönlich (imo) noch nix dagegen, dass Google die Kontrolle hat. Das Ziel von Google ist einfach Wissen zu katalogisieren. Solange diese Dienste frei bleiben...
    In Sachen Moral, muss man einfach nur mal die MS Roadmap mit der Google Roadmap vergleichen.


    Soviel ich weiß steht Android unter GPL. Und dadurch dass es OSS ist, kann man es auch anpassen. OpenMoko setzt jetzt teilweise auch auf Android. In Sachen Anonymität hat es beim Chrome ja auch nicht lange gedauert bis der Code gereinigt wurde...
    Wahrscheinlich kann jetzt dann eh bald was man will auf seinem Smartphone laufen lassen, weil Vmware bald Mobile VMs raus bringt.
    Finde das aber auch gut, dass Google grad verstärkt versucht mit OSS aufn den Software Markt zu gehen. Aber im Endeffekt verdienen Sie dabei nicht wirklich was. Bei Google werden die Ideen die Leute haben sehr oft auch umgesetzt. Deshalb werfen Sie ab und zu so kleinere Projekte aufn Markt (Also Chrome z.B.).
    Ich werd mir auf jeden Fall n G1 holen.

    BTT//

    Eine Zersplittung wäre wahrscheinlich nicht vorteilhaft. Google agiert momentan als Einheit sehr intelligent auf dem Markt.
    G weiß auch wieviel potentielle Macht es besitzt. Allerdings wissen Sie auch, dass wenn Sie mit den vorhandenen Daten böse Dinge tun, es sehr schnell sehr viel weniger Kunden gibt. Also profitieren Sie eigentlich auch von Vertrauen.
    Sollte es irgendwann wirklich soweit kommen, dass G seine Marktposition verstärkt kommerziell ausnutzt, wird das Kartellamt denk ich schon einschreiten bzw. werden die Kunden dann auch abwandern. Was Beides wiederum langfristig G schadet. Also ich sehe eigentlich keine großen Gefahren sondern eher ein Unternehmen von dem die ganze Welt sehr stark profitieren kann.
     
  4. Video Script

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