#1 26. August 2007 Nach den Call-Centern und der Zentrale in Bonn nimmt sich Telekom-Chef René Obermann die nächste Sparte im Konzern vor: die Geschäftskundensparte T-Systems. Von den Korrespondenten M. Kietzmann und K.-H. Steinkühler Der Schwung der Anfangsmonate ist verflogen. Ein Dreivierteljahr, nachdem der energische und bisweilen ruppige René Obermann zum Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom bestellt wurde, kämpft der aus Düsseldorf stammende Top-Manager mit einer Fülle von Problemen. Am liebsten würde RO, wie der Lenker von Europas größter Telefongesellschaft intern genannt wird, mit einem einzigen Hieb die vielen Kabelknoten im Konzern lösen. Stattdessen muss Obermann mühsam und geduldig jede Störung einzeln aufdröseln. Wenige Wochen nach Ende des Massenstreiks bei der Festnetzsparte T-Home nimmt sich der interne Entstörtrupp nun der kriselnden Geschäftskundentochter T-Systems an. Sechs Monate nachdem Obermann den Umbau der Sparte angekündigt hatte, hat man sich endlich darauf verständigt, an welcher Stelle des 56 000 Mitarbeiter starken Unterkonzerns die Sanierer ansetzen sollen. Im ersten Schritt wollen Obermann und der zuständige Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick rund 16 000 Programmierer und Computertechniker aus dem T-Systems-Bereich Enterprise Services (ES) in ein Gemeinschaftsunternehmen einbringen. Der Partner soll möglichst stark und international sein. Wer es wird, ist offen. Systems Integration wird umgekrempelt Betroffen ist die ES-Untersparte „Systems Integration“. Deren Mitarbeiter erstellen Software und verknüpfen verschiedene Telekommunikations- und IT-Systeme ihrer Großkunden zu einer Einheit. Auftraggeber sind globale Giganten wie DaimlerChrysler, Lufthansa, EADS – und der weit verzweigte Mutterkonzern Telekom selbst. Diese personalintensiven Tätigkeiten – so das Kalkül des Top-Managements – lassen sich rasch auf Standorte jenseits der Grenzen verlagern, beispielsweise nach Osteuropa oder in das Software-Mekka Indien, wo wichtige Rivalen der T-Systems zigtausende von Programmierern beschäftigen. Über diese erste Konkretisierung der Strategie wird der Vorstand den Konzernbetriebsrat diese Woche unterrichten. Gleichzeitig geht ein Mitarbeiter-Brief an die Beschäftigten heraus. Am Donnerstag befasst sich der Aufsichtsrat unter Leitung von Klaus Zumwinkel mit dem Thema und soll die Umbaupläne absegnen. Telekom alleine zu schwach „Wir haben erkennen müssen, dass wir dieses Geschäft aus eigener Kraft nicht so entwickeln können, um mit den führenden Anbietern mithalten zu können“, hatte Obermann bereits am 3. Mai vor den versammelten Aktionären in der KölnArena eingeräumt. Der Umbau soll die Talfahrt des schrumpfenden Unterkonzerns stoppen, der von Januar bis Juni 2007 lediglich 5,9 Milliarden Euro umsetzte, 403 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Wichtige Fragen ungeklärt Erstens: Mit wem tut sich die Telekom zusammen? Seit März sondieren Obermann und Eick den Markt. In den vergangenen Monaten kursierten Namen wie Accenture, Atos Origin, HP oder Infosys. Doch handelseinig wurde man bislang nicht. Damit ist auch ungewiss, welchen Einfluss die Telekom in dem Joint Venture künftig nehmen kann. Hält sie die Mehrheit an der neuen Gesellschaft, sitzt sie auf dem Fahrersitz und muss die Tochter weiterhin in der Bilanz konsolidieren. Andernfalls hätte der Partner das Sagen und die Telekom-Beschäftigten würden ausgelagert. Zweitens: Wer soll die neue und verkleinerte T-Systems künftig führen? Seit dem unfreiwilligen Abgang von Lothar Pauly Ende Mai ist der Posten des Chefmanagers vakant. Ähnlich wie die Umbaupläne selbst hängt auch diese prominente Personalie. Aus Kreisen des Kontrollgremiums ist zu hören, Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Obermann seien in dieser Sache nicht einer Meinung. Ob der Aufsichtsrat sich am 30. August mit dieser Frage beschäftigen wird, ist daher offen. Drittens: Was passiert mit den betroffenen Mitarbeitern der T-Systems? Bei der Gewerkschaft Ver.di löst die sich abzeichnende Strategie Unbehagen aus. „Es darf keinen Angriff auf die Existenzbedingungen der Beschäftigten geben“, sagte Ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder zu FOCUS. „Die Telekom kann sich nicht gesundschrumpfen, sondern benötigt eine Vorwärtsstrategie, um weiter zu kommen“, mahnt der Ver.di-Mann, der in der Auseinandersetzung um die Auslagerung von T-Service die Verhandlungen mit dem Management führte. Rechenzentren sind nicht betroffen Erleichterung herrscht dagegen unter den 17 000 Beschäftigten der IT-Operations, die ebenfalls zur betroffenen Sparte ES gehört. Sie betreiben die Rechenzentren und die „Serverfarmen“ mit 36 000 Großrechnern und bleiben ebenso beim Magenta-Konzern wie die Vertriebsmannschaft von T-Systems. Dies entspricht der Strategie der Telekom, die ihr Hightech-Netz als Kerngeschäft definiert und eng damit verwobene Bereiche unter Kontrolle behalten möchte. Quelle:Sanierung: Telekom will 16 000 Programmierer auslagern - Sanierung - FOCUS Online - Nachrichten + Multi-Zitat Zitieren