Unwort des Jahres 2024: "Biodeutsch" im Fokus der Kritik

Das Unwort des Jahres 2024 lautet "Biodeutsch". Dies verkündete eine Jury von Linguisten, die ihren Sitz in Marburg haben. Bei der Bekanntgabe erklärte die Jury, dass der Begriff in sozialen Medien oft in rassistischer und nationalistischer Weise verwendet wird. Constanze Spieß, die Jurysprecherin, wies darauf hin, dass mit "Biodeutsch" eine gefährliche Unterteilung vorgenommen wird. Diese Trennung unterteile Menschen in "echte Deutsche" und "Deutsche zweiter Klasse". Das geht einher mit alltäglichem Rassismus – eine gefährliche Entwicklung in der Gesellschaft.

Unwort des Jahres 2024: "Biodeutsch" im Fokus der Kritik

14. Januar 2025 von   Kategorie: Unterhaltung
Biodeutsch ist Unwort des Jahres 2024.jpeg

Die Ursprünge und die problematische Verwendung


Die Wurzel des Begriffs "Biodeutsch" liegt in den 1990er Jahren. Der Kabarettist Muhsin Omurca verwendete diesen Begriff erstmals in einem seiner Bühnenprogramme. Spieß erinnerte daran, dass es auch innerhalb der migrantischen Community ironisch-sarkastisch genutzt wird. Dennoch bleibt die kritische Betrachtung unerlässlich. Der Gebrauch von "Biodeutsch" als Instrument zur Beurteilung und Diskriminierung von Menschen, basierend auf vermeintlich biologischen Abstammungskriterien, ist inakzeptabel. Die Jury hatte vor, mit dieser Wahl ein Zeichen zu setzen, um auf diese Problematik aufmerksam zu machen.

Platz Zwei: Das "Heizungsverbot"


Auf Platz zwei der Unwörter sticht das Wort "Heizungsverbot" hervor. Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler kritisieren, dass es in der Debatte um den Klimaschutz irreführend sowie sachlich falsch gebraucht wird. Inzwischen werden seit 1991 Begriffe ausgewählt, die unmenschlich oder unangemessen sind. Die Jury setzt sich dafür ein, auf undifferenzierten, verschleiernden oder diffamierenden Sprachgebrauch hinzuwirken und schafft damit ein Bewusstsein für die Thematik der Menschenwürde.

Gastjuroren bringen weitere Problematik zur Sprache


In diesem Jahr erweiterten Saba-Nur Cheema und Meron Mendel – renommierte Gastjuroren – die Diskussion mit dem Begriff "importierter Antisemitismus". Diese Formulierung suggeriert, dass Antisemitismus eng verknüpft ist mit dem Zuzug von Migrantinnen und Migranten. Solche Äußerungen sind besonders in rechten Kreisen anzutreffen. Die Jury erkennt hierbei einen Versuch, Muslime sowie Menschen mit Migrationshintergrund auszugrenzen und von eigenen rassistischen Vorurteilen abzulenken.

Ergebnisse und Betrachtungen


Rund 3.200 Einsendungen flossen in die Unwort-Wahl ein, mit 655 unterschiedlichen Wörtern. Es ist bemerkenswert, dass die Entscheidung für den Begriff "Biodeutsch" unabhängig von den Einsendungen fiel. Ähnlich war es im Vorjahr. 2023 wurde "Remigration" zum Unwort des Jahres. Ein Begriff, der als Tarnvokabel dient, um menschenunwürdige Praktiken beim Abschieben von Menschen zu verschleiern.

Der Begriff "Remigration" veranschaulicht die Mechanismen von Sprache, die oft negative Aspekte beschönigen und schließlich als sozial akzeptabel erachtet werden. Die Jury und die Sprachakademie betonen: Unwort-Wahl ist nicht nur eine Linguistikübung. Vielmehr ist es ein Aufruf zur Reflexion über gesellschaftliche Werte und die Sprache, mit der wir unsere Umwelt gestalten.

Das Thema bleibt wichtig. Die Verwendung und Missbrauch der Sprache in sozialen und politischen Diskursen hat Einfluss auf die Wahrnehmung von Menschen. Die mediale Präsenz und Diskussion beeinflussen das Bewusstsein der Öffentlichkeit und tragen zur Formung von Vorurteilen bei.

Die Jury bleibt ein Wächter gegen solche gesellschaftlichen Entwicklungen. Denn Sprache formt die Realität – und die Realität ist oft komplex und vielschichtig. Ein Umdenken in der Sprachverwendung könnte also der erste Schritt in eine respektvollere und gleichwertigere Gesellschaft sein.