USA: Wichtiges Urteil in Filesharing-Prozess

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von tee, 6. April 2008 .

Schlagworte:
  1. 6. April 2008
    Universität Boston darf Daten von Studenten vorläufig nicht herausgeben

    Bostoner Studenten haben in ihrer Auseinandersetzung mit der Musikindustrie einen wichtigen Teilsieg errungen. Eine Bundesrichterin hat der Universität Boston die Herausgabe der Daten von Studenten vorläufig verboten.

    Der US-Verband der Tonträgerhersteller (RIAA) geht in seinem "Anti-Piraterie-Kampf" besonders scharf gegen Studenten vor. Für viele Studenten ist die Universität zugleich auch ihr Internetprovider. Ein Teil von ihnen nutzt den kostengünstigen universitären Internetzugang, um aktiv Filesharing zu betreiben. Die Musik- und Filmindustrie werfen den Studenten "Piraterie" im großen Stil vor. So präsentierte der Verband der US-Filmindustrie (MPAA) zuletzt die Zahl von 15 Prozent Einnahmeverlusten im Jahr 2005, die von den Studenten verursacht worden sein sollen.

    Um die Studenten abzuschrecken und von ihnen Schadensersatz zu bekommen, lässt die Musikindustrie durch die ins Gerede gekommene Firma MediaSentry Tauschbörsen überwachen. Anhand der IP-Adressen wird festgestellt, welche Computer über Universitätsnetze angeschlossen sind. Die Plattenfirmen fordern die Universitäten dann auf, die Daten der Studenten, die sich hinter den IP-Adressen verbergen, herauszugeben. Alternativ fordern die Plattenfirmen von den Universitäten, den Studenten Anwaltsschreiben zuzustellen. Nur in wenigen Fällen haben sich bisher Universitäten geweigert, mit der Musikindustrie zu kooperieren.

    Studenten der Universität Boston wehrten sich jetzt im Fall "London-Sire gegen Does 1-4" erfolgreich gegen die Herausgabe ihrer Daten durch die Universität. Richterin Nancy Gertner verbot der Universität vorläufig, die Daten der Studenten an die Musikindustrie weiterzugeben. Ob das zulässig sei, wolle sie erst noch anhand der Verträge zwischen der Universität als Internetprovider und den Studenten überprüfen. Zudem sei die im ersten Zusatz zur Verfassung festgeschriebene Redfreiheit zu berücksichtigen.

    Gertner sah es in ihrem Urteil keineswegs als bewiesen an, dass die beschuldigten Studenten bei der Benutzung von Tauschbörsen tatsächlich gegen das US-Urheberrecht verstoßen hätten, wie von der Musikindustrie behauptet: "Dass der Beschuldigte alle notwendigen Schritte unternommen hat, um [die Musik] zu verbreiten, heißt noch lange nicht, dass eine Verbreitung auch tatsächlich stattgefunden hat. [...] Die bloße öffentliche Zugänglichmachung von Musikdateien im Internet stellt noch keine Urheberrechtsverletzung dar."

    Die Entscheidung ist vorläufig und Richterin Gertner hat den Plattenfirmen die Möglichkeit gegeben, ihre Klageschrift zu überarbeiten.

    Am selben Tag, am Montag, hatte die US-Musikindustrie eine Schlappe vor Gericht erlitten. Im Fall "Elektra und andere gegen Denise Barker" hatte der zuständige Richter Kenneth M. Karas das wichtigste Argument der Plattenfirmen zurückgewiesen. Nach Auffassung von Richter Karas verstoßen Nutzer nicht schon dadurch gegen das US-Urheberrecht, indem sie ohne Erlaubnis der Rechteinhaber Dateien zum Tausch anbieten (making available).

    Allerdings hatte auch Richter Karas der Musikindustrie die Möglichkeit zum Nachbessern eingeräumt und ihr eine andere Argumentation nahe gelegt. So könnte die Musikindustrie nach Auffassung von Richter Karas mit dem Argument, dass "das Angebot zur Verbreitung [...] mit dem Ziel der weiteren Verbreiterung" einen Verstoß gegen das exklusive Verbreitungsrecht der Urheber beziehungsweise Rechteinhaber darstellt. Die vorläufigen Urteile der Gerichte in Massachusetts und New York stehen sich also im Hinblick auf die Theorien, wie denn die Urheberrechtsverletzung zustande gekommen sein soll, diametral gegenüber. [Robert A. Gehring] (ji)

    Quelle: Golem.de
     
  2. Video Script

    Videos zum Themenbereich

    * gefundene Videos auf YouTube, anhand der Überschrift.