Privatwirtschaftliches Targeting im Wahlkampf
Die Plattformen arbeiten privatwirtschaftlich. Werbung kann bequem geschaltet werden. Durch gezielte Suchbegriffe fließt der Datenstrom. Fachleute sprechen von "Targeting" – es geht um die Zielgruppenansprache. Welche Botschaft wird wie ausgewählt? Politische Parteien sind sich dessen bewusst. Ihr Ziel ist es, Wähler an sich zu binden und neue Wähler aus anderen Lagern zu gewinnen.
Ein Problem stellt die Nachvollziehbarkeit dar. Die Algorithmen treffen Entscheidungen, die für Außenstehende nahezu unverständlich sind. Infolgedessen besteht die Gefahr der Manipulation. Der Einfluss auf die öffentliche Meinung bleibt unklar.
Forschungen zur Nutzung des Targetings
Eine Untersuchung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) machte 2024 bereits Schlagzeilen. Forscher analysierten das Targeting auf Facebook und Instagram im Vorfeld der Bundestagswahl 2021. Auf Grundlage von öffentlich zugänglichen Daten– erstmals aufgrund gesellschaftlichen Drucks und neuer Gesetze. Die Forscher fanden heraus: Alle Parteien nutzen Targeting unterschiedlich. Die Analyse von Budgeteffizienz offenbarte, dass die AfD kosteneffizienter wirkte als die Grünen – rund sechs Mal effektiver.
Dominik Bär, der Autor der Studie, bemerkte: "Aufrührerische Themen erzeugen in sozialen Medien viel Aufmerksamkeit." Dies führt dazu, dass Algorithmen diese Inhalte bevorzugen.
"Projekt Sparta" und die Untersuchung von Trends
Eine weitere Forschungsgruppe, die Bundeswehr-Universität München, verfolgt mit ihrem "Projekt Sparta" einen anderen Ansatz. Hierbei analysieren Experten täglich rund 550.000 Beiträge auf Plattformen wie TikTok und YouTube – besonders auf X (Twitter). Dieses Projekt bietet ein Online-Analyse-Tool, das unter anderem die häufigsten Themen aufzeigt und die Stimmung für die Parteien grafisch darstellt. Professorin Jasmin Riedl leitet das Projekt und erklärt: "Wir wollen systemische Risiken für die Wahlintegrität erkennen." Das Ziel ist ambitioniert, die Auswirkungen solcher Scrutiny sind jedoch potenziell gravierend.
InsightPersona: Eine neue Dimension der Analyse
Das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT macht mit einem neuen KI-basierten Werkzeug auf sich aufmerksam. Auf der Bildungsmesse "didacta" in Stuttgart wurde InsightPersona präsentiert. Christian Rollwage, Leiter der Gruppe Audiosignalverbesserung, erläutert: "Die KI geht über die reine Social-Media-Analyse hinaus." Sie kombiniert Gesichtserkennung mit Stimmdaten und bietet eine tiefgehende Analyse von Personen. So können Schüler etwa analysieren, auf welche Themen sich Politiker konzentrieren, wie sie sich ausdrücken und welche Emotionen sie in den Medien zeigen.
Der Zusammenschluss dieser Forschungsprojekte könnte das Bild des Wahlkampfs revolutionieren. Die Möglichkeiten sind vielversprechend und werfen jedoch auch Fragen über die Integrität der Wahlen auf.
Quelle: br.de Bild: picture alliance / Zoonar | Andrii Yalanskyi