Was Bauherren bei der Kreditfinanzierung beachten sollten

Artikel von Tommy Weber am 19. Januar 2022 um 13:33 Uhr im Forum Finanzen & Versicherung - Kategorie: Wirtschaft

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Was Bauherren bei der Kreditfinanzierung beachten sollten

19. Januar 2022     Kategorie: Wirtschaft
Ein Haus zu bauen oder zu kaufen, war nie günstiger als in der heutigen Zeit, denn die Europäische Zentralbank bleibt weiter auf Kurs und die Zinsen sind im Keller. Viele nutzen die Zinssituation und erfüllen sich den Traum von den eigenen vier Wänden. Ob bauen oder kaufen, kaum jemand kann ein Haus bar bezahlen, die überwiegende Mehrzahl muss dazu einen Immobilienkredit bei der Bank aufnehmen. Stimmen die Rahmenbedingungen, wie etwa die Bonität des Kreditnehmers, dann stellt das Ganze kein Problem dar. Trotzdem gibt es einige wichtige Dinge, die zu beachten sind.

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Den Immobilienkredit berechnen
Selbst wenn die Zinsen günstig sind, kann die Finanzierung des eigenen Heims schnell zu einem echten Albtraum werden. Einer der größten Fehler, den Kreditnehmer machen können, ist, bei der Finanzierung von einer völlig falschen Basis auszugehen. So sollte der erste Schritt immer ein sowohl umfassender als auch ehrlicher Kassensturz sein. So etwas sollte nach Möglichkeit immer dann geschehen, bevor die Varianten der Immobilienfinanzierung geprüft werden. Alle Kosten, aber auch die Einnahmen, die im Monat anfallen, müssen einander gegenübergestellt werden. Die Kalkulation selbst kann ruhig konservativ sein. Genauer gesagt: Wenn bestimmte Einnahmen nicht ganz so sicher sind, sollten sie nicht in der Kalkulation auftauchen.

Falls bei den monatlichen Raten Geld fehlt, ist das Problem der Tilgung schon vorprogrammiert. Dies ist immer dann der Fall, wenn Einnahmen beispielsweise durch eine Babypause oder durch Arbeitslosigkeit plötzlich wegfallen.

Wie funktioniert eine Eigenheimfinanzierung?
Wurde das Budget ermittelt, dann beginnt die Auswahl der passenden Finanzierung. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, nicht nur zur Hausbank zu gehen, sondern noch andere Angebote einzuholen. Ein ganz wichtiger Aspekt bei der Finanzierung eines Hauses ist eine möglichst lange Zinsbindung. Dies bedeutet, dass die Bank den Zinssatz festlegt und dieser bleibt für einen bestimmten Zeitraum bestehen, ganz gleich, ob sich die Zinslage in diesem Zeitraum ändert oder nicht. Hier gilt: Je höher der Wert angesetzt wird, umso schneller sind die Bauherren wieder schuldenfrei.

Anders als bei einem „normalen“ Kredit wird die Kreditsumme bei der Finanzierung eines Hauses nicht auf einmal, sondern immer nach den jeweiligen Bauabschnitten ausgezahlt. Ein weiterer Unterschied zu einem klassischen Verbraucherkredit ist, dass es eine sogenannte Abnahmeverpflichtung gibt. Diese Verpflichtung sieht vor, dass die von der Bank zugesagte Kreditsumme nach einer bestimmten Zeit abgenommen werden muss.

Nicht nur bei Baukrediten
Die Banken bestehen nicht nur bei Immobilienkrediten auf die Verpflichtung der Abnahme der Kreditsumme, auch bei gewerblichen Darlehen ist dieses Vorgehen üblich. Viele Unternehmen nehmen große Kreditsummen auf, die dann, je nach Bedarf, teilweise abgerufen werden. In diesem Fall wird die Bank auf die Verpflichtung bestehen, dass die Kreditsumme, wenn auch nur in Teilbeträgen, trotzdem komplett abgenommen wird. Eine solche Verpflichtung hat jedoch nichts mit den sogenannten Bereitstellungszinsen zu tun, was gerne miteinander verwechselt wird.

Die Abnahme der Kreditsumme ist zunächst einmal kostenfrei. Teuer wird es in der Regel erst, wenn die fällige Kreditsumme nicht abgenommen wird. Die Bank nennt diesen Vorgang eine Nichtabnahmeentschädigung. Handelt es sich um einen normalen Verbraucherkredit, dann ist die Entschädigungssumme nach oben hin begrenzt. Sie darf in diesem Fall nicht mehr als ein Prozent des nicht abgenommenen Betrags ausmachen. Bevor der Kreditvertrag unterschrieben wird, ist es wichtig, mit der Bank über die Verpflichtung zur Abnahme der Kreditsumme und die damit möglicherweise verbundenen Kosten zu sprechen.

Warum gibt es die Abnahmeverpflichtung?
Der Bank als Kreditgeber eines Immobilienkredits entstehen durch die Bereitstellung dieses Kredits ganz erhebliche Kosten, die natürlich gedeckt werden müssen. Dies funktioniert immer nur, wenn der Kreditgeber die bereitgestellte Summe auch refinanzieren kann. So etwas kann etwa mit eigenen Mitteln, durch die Ausgabe von Pfandbriefen oder durch die Aufnahme eines Kredits bei der Bundesbank geschehen. Zudem müssen die Kosten für das Personal und die Verwaltung stets gedeckt werden. Daher ist die Verpflichtung zur Abnahme des Kredits ein wichtiger Bestandteil bei einer Baufinanzierung.

Viele Banken räumen dem Kreditnehmer eine bestimmte Frist ein, in der das Darlehen abgerufen werden muss. In der Regel hat der Kreditnehmer zwischen sechs und zwölf Monaten Zeit, den Kredit abzurufen, um die Abnahmefrist einzuhalten.

Was passiert, wenn die Abnahmefrist nicht eingehalten wird?
Falls der Kredit sowie die Frist für die Abnahme der Kreditsumme laufen und sich das Bauvorhaben dann doch nicht realisieren lässt, wird es für den Kreditnehmer teuer. So fallen neben anderem Bereitstellungszinsen an, die je nach Kreditgeber zwischen rund 0,20 und 0,25 Prozent im Monat variieren. Dazu kommt noch die Nichtabnahmeentschädigung, deren Höhe sich stets nach dem aktuellen Zinsniveau, nach der Höhe der Kreditsumme und dem Sollzins richtet, der im Kreditvertrag vereinbart wurde.

Wer clever ist, schaut sich bei den Banken um, ob nicht gerade eine Bank eine Aktion hat, bei der keine Bereitstellungszinsen für eine bestimmte Laufzeit anfallen.

Wer darf alles das Grundbuch einsehen?
Viele Bauherren, die bei der Bank einen Kredit aufnehmen wollen, fragen sich, ob die Bank eine Grundbucheinsicht bekommen kann. Grundsätzlich hat jeder Gläubiger, also auch die Bank als Kreditgeber das Recht, das Grundbuch einzusehen. Für die Kreditgeber ist ein Blick in das Grundbuch sehr aufschlussreich. Dort sind alle relevanten Informationen zu finden, wie der Besitzer des Grundstücks oder der Immobilie, eventuelle Hypotheken sowie Bebauungseinschränkungen und Wegerechte.

Der Kreditgeber kann sich hier zudem über die Bonität, also die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers erkundigen. Wenn die Eigentumsverhältnisse beispielsweise noch unklar sind, gibt das Grundbuch darüber Auskunft. Wer das Grundbuch einsehen will, muss allerdings ein berechtigtes Interesse nachweisen können.

Baufinanzierung einfach gemacht
Den Traum vom eigenen Haus wollen sich Millionen Menschen erfüllen. Viele ergreifen jetzt die Gelegenheit und nutzen die anhaltend niedrigen Zinsen und erfüllen sich den Traum von den eigenen vier Wänden. Wer vorher ehrlich zu sich selbst ist und seine finanzielle Lage richtig kalkuliert, erlebt später keine bösen Überraschungen. Bei den Verhandlungen mit der Bank ist es wichtig, sich sehr genau über die Verpflichtung zur Abnahme der Kreditsumme ebenso wie über die Länge der Zinsbindung zu informieren. Beides ist vor allem für den Geldbeutel des Kreditnehmers von großer Bedeutung.

Alle, die gut vorbereitet in die Kreditverhandlungen gehen wollen, sollten sich im Vorfeld einen Auszug aus dem Grundbuch geben lassen und diesen der Bank vorlegen. Wenn hingegen die Bank Einsicht in das Grundbuch nimmt, kostet es Geld und diese Summe stellen viele Banken den Kreditnehmern gerne in Rechnung.

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