Was tun bei einer Begegnung mit dem Wolf?

Artikel von Tommy Weber am 15. November 2022 um 11:30 Uhr im Forum Haus, Garten, Tiere & Pflanzen - Kategorie: Wissenschaft

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Was tun bei einer Begegnung mit dem Wolf?

15. November 2022     Kategorie: Wissenschaft
Kaum ein anderes Tier hat schon seit Jahrhunderten einen so schlechten Ruf wie der Wolf. Im Märchen frisst er das Rotkäppchen samt der Großmutter und verschont auch die sieben Geißlein nicht. Der Wolf wird als heimtückisch und verschlagen beschrieben und dass er vor nichts und niemandem Angst hat. Viele Menschen kennen Wölfe nur aus dem Märchen oder aus dem Zoo, aber die Wahrscheinlichkeit, einem Wolf in freier Natur zu begegnen, ist in letzter Zeit rasant angestiegen.

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Der Wolf ist wieder da
Lange Zeit galt der Wolf in Deutschland als ausgerottet, aber seit gut 20 Jahren ist er wieder da. Die Naturschützer freuen sich, dass sich die Tiere schnell vermehren, andere haben eher Sorgen, da sie nicht wissen, wie sie sich bei einer Begegnung mit dem Wolf richtig verhalten sollen. Für die Naturschützer sind die Rückkehr des Wolfes, seine Wiederansiedlung und seine Verbreitung ein Grund zur Freude. Im Jahr 2000 wurde das erste Wolfsjunge in Freiheit geboren und seitdem werden die Populationen immer größer. Zwischen 2020 und 2021 gab es 157 Rudel in Deutschland, in diesem Jahr sind es 131. Diese Zahlen machen vielen Menschen Angst, denn wie soll man sich als Wanderer oder Spaziergänger verhalten, wenn plötzlich ein Wolf auftaucht?

Können Wölfe dem Menschen gefährlich werden?
Das Norwegische Institut für Naturforschung, kurz NINA, hat sich in einer Studie mit den Angriffen von Wölfen seit 1950 befasst und diese Studie vor zwei Jahren auf den neusten Stand gebracht. Die Forscher untersuchten dabei das Gefahrenpotenzial des Wolfes, und zwar auf drei Kontinenten. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass Wolfsattacken auf Menschen eine seltene Ausnahme sind.

Zwischen 1950 und 2000 gab es ganze acht Angriffe von Wölfen weltweit, die tödlich endeten. Keiner davon fand in Deutschland statt, was vonseiten des NABU bestätigt wurde. Seit dem Jahr 2000, also ab dem Zeitpunkt, an dem Wölfe wieder in Deutschland leben, hat es zu keiner Zeit eine Situation gegeben, in der sich Wölfe dem Menschen gegenüber aggressiv verhalten haben.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, angegriffen zu werden?
Die Wissenschaftler in Norwegen haben außerdem ausgerechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, von einem Wolf angegriffen zu werden. Dazu wurden die Populationsgrößen von 60.000 Tieren im Norden Amerikas und 15.000 Wölfen in Europa, der Population der dort lebenden Menschen gegenübergestellt. Insgesamt leben in Europa und Nordamerika hunderte Millionen. Die Forscher stellten anhand dieser Berechnungen fest, dass die Wahrscheinlichkeit von einem Wolf angegriffen zu werden, bei null liegt.

Wölfe greifen Menschen nur aus drei Gründen an:
Übergriffe durch Jäger
Bei den Übergriffen durch Jäger liegt der Iran aus internationaler Sicht vorn. Im untersuchten Zeitraum fanden mehr als 42 Angriffe auf Menschen statt. Vor allem in den ländlichen Regionen stellen die Wölfe dort ein Problem dar. Die Wölfe finden auf dem Land zu wenig Nahrung und suchen daher die Nähe zum Menschen, um sich von Aas und Müll zu ernähren.

Die Tollwut
Laut der Studie aus Norwegen ist die Tollwut die häufigste Ursache, warum Wölfe Menschen angreifen. Knapp 80 Prozent aller Fälle gehen auf diese Krankheit zurück. Besonders betroffen sind Länder wie die Türkei, der Iran und vor allem Indien. In Deutschland ist nach Informationen des NABU die Tollwut seit 2008 ausgerottet, hier besteht also keine Gefahr.

Provozierte Angriffe
Jedes Wildtier, das in die Enge getrieben wird oder sich bedroht fühlt, wird versuchen, sich zu verteidigen. In Nordamerika sowie in Europa gab es nach der aktuellen NINA-Studie in 18 Jahren lediglich 14 Angriffe von Wölfen. Bei zwölf dieser Angriffe wurden die Tiere in die Enge getrieben, provoziert und griffen daher den Menschen an.

Wo ist der Wolf anzutreffen?
Viele sehen den Wolf in dichten dunklen Wäldern, was aber so nicht stimmt. Wölfe sind Tiere, die sich anpassen und deshalb sind sie in vielen Landschaften zu Hause. Gibt es ausreichend Beutetiere und auch Möglichkeiten, sich zurückzuziehen, um die sichere Aufzucht der Jungen zu gewährleisten, dann lassen sie sich fast überall nieder. Autos und Traktoren stören die Tiere nicht mehr, sie nehmen sie nicht als Bedrohung wahr. Erst wenn die Menschen aussteigen und sich durch schreien oder rufen bemerkbar machen, ziehen sich die Wölfe schnell zurück.

Das richtige Verhalten bei einer Wolfsbegegnung
Wölfe sind scheue Tiere, die Angst vor Menschen haben. Wer einem Wolf begegnet, sollte sich ruhig verhalten und ihm ausreichend Raum lassen, um sich zurückzuziehen. Wer sich unwohl fühlt, sollte sich aufrichten und groß machen. Klatschen oder ein lautes, energisches Rufen kann das Tier vertreiben.

Folgende Regeln sollten bei einer Begegnung mit dem Wolf immer eingehalten werden:
  • Den Tieren nicht nachlaufen.
  • Immer respektvoll Abstand halten.
  • Junge Wölfe niemals anfassen oder sie auf den Arm nehmen.
  • Die Wölfe auf keinen Fall füttern.
  • Nicht nach den Wurfhöhlen und Bauten der Tiere schauen.
Grundsätzlich gilt: Nicht in Panik verfallen, wenn plötzlich ein Wolf den Weg kreuzt, sondern dem Tier immer die Möglichkeit geben, sich zurückzuziehen. Keine gute Idee ist es, den Wolf zu verscheuchen oder ihn füttern zu wollen, in der Hoffnung, ihn damit abzulenken.

Zu welcher Tageszeit sind Wölfe unterwegs?
Wölfe werden in der Regel bei Anbruch der Dämmerung und in der Nacht aktiv, denn zu diesen Zeiten sind auch viele ihrer Beutetiere unterwegs. Der Wolf ernährt sich hauptsächlich von Wildfleisch, etwa vom Reh oder vom Rothirsch. Da der Lebensraum der scheuen Tiere aber zunehmend kleiner wird, weichen sie auf Nutz- und Weidetiere aus, wie beispielsweise Schafe oder Ziegen. Wenn Wölfe ihre angestammten Reviere verlassen, tun sie es auch zu anderen Tageszeiten, da sie ausgesprochen anpassungsfähig sind. So kann es durchaus passieren, dass mitten in der Stadt plötzlich ein Wolf auftaucht. Stadtwälder sind inzwischen ebenfalls für Wölfe kein Tabu mehr.

Die Begegnung mit dem Wolf melden
Wer mit seinem Hund spazieren geht und dabei auf einen Wolf trifft, sollte den Hund entweder auf den Arm oder an die kurze Leine nehmen. Läuft der Hund allein, kann es passieren, dass der Wolf ihn angreift, da er ihn entweder als potenziellen Eindringling sieht oder für einen Paarungspartner hält. Wer dem Wolf begegnet, sollte das umgehend den zuständigen Behörden melden: der Wolfsberatung oder dem Landratsamt. Ein Ansprechpartner ist aber auch der zuständige Revierförster. Wichtig ist es in jedem Fall, die Uhrzeit, den Ort der Begegnung und die Anzahl der Tiere zu nennen.

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