Auf welcher Datenlage wird der Preis des Lebens berechnet?
Was darf ein Medikament kosten, das ein Menschenleben verlängert? Wie viel geben wir für Maßnahmen aus, die die Wasser- und Luftqualität in unseren Städten verbessern, um so unzählige Todesfälle zu vermeiden? Was ist uns eine größere Sicherheit im Straßenverkehr wert? Institutionen und Politiker werden immer wieder mit solchen Fragen konfrontiert, da die Volkswirtschaft nicht unendlich viel Geld bzw Wertschöpfung aufbringt, sind konkrete Summen für Berechnungen Nötig. Eine Gesellschaft, die Leben nicht käuflich sehen will, tut sich schwer mit solchen Vorstellungen. Dennoch liefert die Gesellschaft selbst auch die Antworten.
1,2 Millionen - abgeleitet aus der Berechnung für den Unfalltod
Da der Menschenhandel glücklicherweise heute verboten ist gibt es keinen Preis der sich durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Dennoch hängt die höhe des Preises aus wissenschaftlicher Sicht durchaus von der volkswirtschaftlichen Leistung eines Menschen ab und damit auch an der Nachfrage dieser Leistung. Um zu berechnen, was ein Leben der Volkswirtschaft bringt, hat das Bundesamt für Straßenbau im Jahr 2015 einen statistischen Wert berechnet, der sich auf 1,2 Millionen Euro beläuft, diese Summe würde der Wirtschaft durchschnittlich verloren gehen, wenn ein Mensch stirbt. Dieser Betrag wird zum Beispiel für die Berechnung bestimmter Straßenbaulicher Veränderung hergenommen, ob sich Investitionen in eine verbesserte Verkehrsführung lohnt. In der Praxis scheint der Wert wohl zu niedrig, denn in Europa gab es 2017 mehr als 25.000 Verkehrstote und unzählige Überlebende mit Folgeschäden. Eine volle LKW Fracht ist also statistisch gesehen mit Menschenleben bemessen, der Sicherheit zum Trotz sieht man deshalb überfüllte Straßen.
Berechnung des Lebenswertes anhand des Risikozuschlags
Eine weitere Berechnungsmöglichkeit ist die Auswertung von finanziellem Ausgleich eines Arbeiters mit erhöhtem Risiko. Beispielsweise wenn Mitarbeiter in einem Risikogebiet arbeiten, und sich so ein statistisch erhöhtes Sterberisiko ergibt. Liegt das Risiko bei der Arbeit zu sterben 1/100 und wird dies mit 10.000 Euro mehr im Jahr vergütet, dann entspricht das bei einem 100% Sterberisiko rein rechnerisch einen Wert von 1 Million Euro. Allerdings lassen sich mit einer so simplen Rechnung keine Nebenfaktoren mit einberechnen.
Leben ist nicht überall gleich wertgeschätzt
Wissenschaftler haben den Wert des Menschen per Fragebogen bestimmt. Die Probanden bestimmen eine bestimmte Summe mit der sie bereit sind ein festgelegtes Risiko einzugehen. Gefragt wurde auch wie viel Geld sie annehmen würden um sich einer konkret benannten Gefahr zu stellen. Um die Statistik auszugleichen, legen Sie dieselben Fragen einem großen Pool von Teilnehmern Weltweit vor. Ein interessantes Ergebnis: Das persönliche Einkommen spielte ein erstaunlich geringe Rolle, wohl aber die Region, aus der ein Mensch stammt. Je nach Land und Methode kommen ganz unterschiedliche Summen heraus. In Deutschland war das Leben zum Beispiel 1,65 Millionen Euro Wert (im Jahr 2004), während die amerikanische Umweltbehörde von 7,4 Millionen USD ausging.
Je oberflächlicher oder ärmer die Gesellschaft desto geringer die Wertschätzung
Letztendlich bestimmen die Kalkulation überwiegend wirtschaftliche Interessen, was zur Folge hat, dass bei zunehmender Produktivität und steigendem Konsum, bei gleichzeitig steigender Bevölkerung und damit "neuen Leistungsträgern" der ermittelte Wert abnimmt. Was zur folge haben kann, dass Investitionen zum Schutz des Lebens (und damit letztendlich auch der Umwelt) geringer ausfallen.
Eine Vorstellung die uns ins grübeln bringt und möglicherweise und hoffentlich auch Entscheidungsträger dazu bewegt, den Wert einer Gesellschaft anders zu bewerten mit dem Ziel deren Wert zu steigern - natürlich nicht hinsichtlich des Volkswirtschaftlichen Umsatzes oder Kapitals.
Zum Thema ein pikantes Audio-Podcast das vieles hinterfragt: