Bisphenol A – Ein gefährlicher Kunststoffbestandteil
Eine Vielzahl von Produkten enthält BPA, das derzeit als ein industriell hergestellter Chemikalie gilt. Wasserflaschen und Verpackungen sind nur einige Beispiele. BPA hat die Fähigkeit, in die Lebensmittel und Getränke, die wir konsumieren, überzutreten. Die gesundheitlichen Risiken sind dazu umfassend dokumentiert. BPA trägt die Fähigkeit in sich, die Struktur und Funktion des Hormons Östrogen zu imitieren. Dies kann Prozesse im Körper stören – von Wachstum über Zellreparatur bis hin zur Fortpflanzung. Darüber hinaus steht BPA im Verdacht, neurodevelopmentale Störungen wie Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und ASS hervorzurufen.
Die Studie und ihre Erkenntnisse
Professor Anne-Louise Ponsonby, eine Hauptautorin der Studie, erklärt: „Die Exposition gegenüber chemischen Stoffen in Kunststoffen während der Schwangerschaft wurde in einigen Studien bereits mit dem Auftreten von Autismus bei Nachkommen in Verbindung gebracht.“ Diese Forschung ist essenziell, da sie möglicherweise eine der biologischen Mechanismen zeigt, die hinter diesem Zusammenhang stehen.
ASS ist eine klinisch diagnostizierte neurodevelopmentale Erkrankung. Sie beeinflusst, wie Menschen kommunizieren, lernen und mit anderen interagieren. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit etwa 1 von 100 Kindern betroffen. In den USA berichten die Centers for Disease Control and Prevention (CDC), dass etwa 1 von 36 Kindern die Diagnose erhalten hat — die Erkrankung kommt bei Jungen fast viermal häufiger vor als bei Mädchen. Zu beachten ist auch der Anstieg der Erkrankungen: 2016 waren es 1 von 54, während die Autism Spectrum Australia (Aspect) im Jahr 2018 die Prävalenz auf schätzungsweise 1 von 70 in Australien erhöht hat.
Umwelt und Genetik – Ein Zusammenspiel
Die gestiegene Prävalenz von ASS könnte teils auf ein erhöhtes Bewusstsein und verbesserte Diagnosen zurückzuführen sein. Jedoch bleiben genetische und umweltbedingte Faktoren entscheidend. Diese Faktoren beeinflussen sich gegenseitig – besonders in den ersten Lebensjahren.
Aromatase und ihre Bedeutung
Die Forscher konzentrierten sich auf das Enzym Aromatase. Dies ist zuständig für den Umbau von Neuroandrogenen in Neuroöstrogene. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Exposition gegenüber Bisphenolen den aromatase-abhängigen Prozess im Gehirn stören kann. Ponsonby stellt fest, dass BPA die Entwicklung des männlichen fetalen Gehirns beeinträchtigen könnte.
Studienansatz und Ergebnisse
Zur Untersuchung des Zusammenhangs führten die Forscher ihre Analysen in zwei großen Kohorten durch: Die Barwon Infant Study (BIS) und die Columbia Center for Children’s Environmental Health Study – Mothers and Newborns (CCCEH-MN). Die Gruppe von Jungen, die am stärksten anfällig für die endokrinen disruptiven Eigenschaften von BPA war, zeigte signifikante hohe Raten an ASD-Symptomen.
Die experimentellen Ergebnisse an Mäusen
In Tierversuchen an Mäusen stellte man ähnliche Ergebnisse fest. „Wir fanden heraus, dass BPA die Aromatase hemmt und strukturelle, neurologische sowie Verhaltenveränderungen hervorruft, die mit ASS übereinstimmen könnten“, erklärte Dr. Wah Chin Boon. Dergestalt wurde der erste biologischen Weg erkannt, der den Zusammenhang zwischen Autismus und BPA veranschaulichen könnte.
Wissenschaftliche Perspektiven und Skepsis
Die Forschung hat gemischte Reaktionen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft hervorgerufen. Professor Ian Rae bemerkte, diese Ergebnisse seien insofern neu, als sie den Einfluss auf einen biologischen Weg, der für die Gehirnentwicklung wichtig ist, zurückführen. Dr. Ian Musgrave äußerte jedoch Vorbehalte: „Obwohl die Ergebnisse statistisch signifikant sind, bleibt unklar, ob sie biologisch relevant sind.“
Zusammengefasst zeigt diese Forschung eine vielschichtige Perspektive auf die potenziellen Ursachen von ASS – sowohl genetische als auch umweltbedingte Faktoren spielen dabei eine Rolle. Die präventive Ansprache in Bezug auf eine gesunde Lebensweise in der Schwangerschaft bleibt weiterhin essenziell.
Quelle: Symeonides, C., Vacy, K., Thomson, S. et al. Male autism spectrum disorder is linked to brain aromatase disruption by prenatal BPA in multimodal investigations and 10HDA ameliorates the related mouse phenotype. Nat Commun 15, 6367 (2024). DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-024-48897-8