Die Studie
27 Jahre hat der Entomologische Verein Krefeld an 63 Standorten in Naturschutzgebieten die Insektenpopulation erforscht und Insekten gefangen. Das Ergebnis aus Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz ist erschreckend: Die Zahl der fliegenden Insekten ist um 75 Prozent, in einigen Regionen sogar um 80 Prozent zurückgegangen. Nach Ansicht der Forscher ist das ein echter Albtraum, denn Insekten spielen in einem Ökosystem eine entscheidende Rolle. Weniger Bienen, Wespen, Hummeln und Schmetterlinge bedeutet: Das empfindliche Ökosystem wird gestört, denn einen Ersatz für diese so wichtigen Insekten gibt es nicht.
Wer hat Schuld am Insektensterben?
Warum fliegen immer weniger Insekten? Das Wetter ist nicht schuld, auch wenn viele das immer wieder gerne behaupten. Die Wissenschaftler machen vor allem die Landwirtschaft für das Insektensterben verantwortlich. Es ist die stetige Zunahme von Äckern, die enorme Belastung durch Stickstoff und die intensive Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen. Den Feldern fehlen zunehmend die Randstreifen, in denen die Insekten früher ihr Zuhause hatten. Die Äcker sind zu einer „ökologischen Falle“ geworden, an deren schmalen Rändern die Insekten nicht mehr überleben können.
Was muss sich ändern?
Weniger Pestizide sind die Lösung und es muss wieder mehr Blühstreifen geben. Mehr Naturschutzgebiete und kleinere Ackerflächen sind dringend notwendig, damit die Insekten sich wieder heimisch fühlen können. Vor allem muss die Überdüngung in der Landwirtschaft aufhören, denn sonst gehen noch mehr artenreiche Ökosysteme in Deutschland verloren. Die Hälfte aller Pflanzen, die auf der sogenannten „Roten Liste“ stehen, sind von zu viel Stickstoff massiv bedroht. Die Gräser und Pflanzen, die mit dem Stickstoff gut zurechtkommen, wuchern hingegen und verdrängen die Insekten, die keine Futterpflanzen mehr finden. Ändern muss sich auch die Menge an Pestiziden, die leider nicht nur die Schädlinge, sondern alle Insekten gleichermaßen treffen.
Keine Monokulturen mehr
Der Anbau von Monokulturen ist ein weiterer Schuldiger, der für das Sterben der Insekten verantwortlich ist. In einer Ackerlandschaft, in der es keine Kräuter, keine Blühstreifen und keine Hecken mehr gibt, finden die Insekten keine Nahrung und auch keinen Lebensraum mehr. Das Wetter selbst hat wohl keinen allzu großen Einfluss auf das Insektensterben, jedoch trägt der Klimawandel ebenfalls eine Mitschuld. Der Klimawandel führt dazu, dass viele für Insekten wichtige Pflanzen heute viel früher blühen. Dieses zu frühe Erblühen bringt den Lebensrhythmus vieler Insekten vollkommen durcheinander. Bei einigen Schmetterlingsarten steuert zum Beispiel die Länge des Tageslichts, wann sie aus dem Winterschlaf aufwachen. Sind zu diesem Zeitpunkt die Pflanzen bereits verblüht, dann finden diese Schmetterlinge keine Nahrung mehr.
Parasiten und verlorener Lebensraum
Es gibt allerdings auch Insekten, die vom Klimawandel profitieren. Diese Insekten sind Parasiten, die sich besonders stark vermehren, wenn die Winter zu mild sind. Sie machen den Insekten schwer zu schaffen, da sie ihnen die Nahrung wegfressen. Ein weiteres Problem ist, dass immer mehr natürlicher Lebensraum für Insekten verloren geht. In den vergangenen Jahren sind überall neue Siedlungen und Gewerbefläche entstanden. Alleine 2014 gab es 69 Hektar Versiegelungen pro Tag und dieser Lebensraum geht für die Insekten unwiederbringlich verloren. Dazu kommen die Gefahren durch invasive Insekten wie den asiatischen Marienkäfer, der dem einheimischen Marienkäfer mehr und mehr Konkurrenz macht.
Wo es keine Insekten mehr gibt, da gibt es bald auch keine Vögel mehr. Viele Vogelarten sind schon jetzt stark dezimiert und es bahnt sich ein weiteres Drama an, das der Mensch verschuldet hat.
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