Mit etwas schauspielerischem Talent starteten Forscher mit Wölfen und Hunden am Wolf Science Center im österreichischen Ernstbrunn Versuche, welche die kognitiven Fähigkeiten der Tiere untersuchen sollen. Dabei spielte eine Wissenschaftlerin immer wieder verschiedene Rollen in einem eigens für die Experimente gebauten Mini-Theater.
Michelle Lampe von der Radboud-Universität in Nijmegen und ihre Kolleginnen wollten herausfinden, wie gut Hunde und Wölfe Hinweise auf Nahrung verstehen, die in einer von zwei Dosen auf der Bühne versteckt war. Dabei zeigte sich, dass Wölfe bei einigen Versuchen klar besser abschnitten als Hunde.
Die Tiere standen vor einer Holzkonstruktion, die an ein Puppentheater erinnert. Dann zog die dahintersitzende Forscherin die Jalousie nach oben. Sichtbar wurden die Forscherin selbst und zwei Dosen, eine links, die andere rechts - siehe folgendes Video.
YouTube-Video
Anschließend gab die Forscherin einen Hinweis, in welcher der Dose Futter stecken könnte. Mal suchte sie den Augenkontakt zum Tier und schaute dann zu der richtigen Dose, mal deuteten sie mit der Hand darauf. Bei diesen kommunikativen Hinweisen schnitten die 14 Hunde (kleine Hunderassen) und zwölf an den Menschen gewöhnte Wölfe gleich gut ab.
Beim Erkennen kausaler Zusammenhänge sahen die Ergebnisse ganz anders aus. Die Wissenschaftlerin war dabei nicht zu sehen. Versteckt hinter der Bühne zog sie die beiden Dosen nacheinander an einem Seil nach oben. Dabei machte die mit Futter gefüllte Dose Geräusche. Die Wölfe wählten in etwa 70 Prozent der Fälle die richtige Dose, bei den Hunden lag die Quote nur bei knapp 50 Prozent, was auch beim zufälligen Raten erreicht würde.
Die Experimente zeigten, dass Hunde den kausalen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht verstünden, Wölfe dagegen schon, schreiben die Forscherinnen im Fachblatt "Scientific Reports". "Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Domestikation einen Einfluss auf die Wahrnehmung unserer heutigen Hunde hatte", sagte Lampe. Auch bei früheren Experimenten hatten Wölfe besser abgeschnitten als Hunde - etwa beim Lernen voneinander.
Die enge Beziehung zwischen Mensch und Hund währt schon Tausende Jahre. Vermutlich haben Jäger und Sammler irgendwann damit begonnen, Wölfe zu zähmen, und so den Beginn der Entwicklung zum Hund eingeleitet. Einer neuen Untersuchung zufolge lief der Übergang vom Wolf zum Hund vor 20.000 bis 40.000 Jahren ab.
Die Wissenschaftler können jedoch nicht ausschließen, dass Wölfe deshalb kausale Zusammenhänge besser erkennen, weil sie Interessierter und Neugieriger sind als Haustiere. Hunde seien üblicherweise darauf konditioniert, vom Menschen Futter zu bekommen. Wölfe müssten dagegen ihr Überleben selbst sichern und viele Hindernisse der Natur überwinden, mit welchen Hunde nicht mehr konfrontiert sind.