Eine faszinierende Entdeckung über Myelin
Wissenschaftler der Universität des Baskenlandes in Spanien haben eine Verbindung zwischen dem Marathonlauf und einem signifikanten Rückgang des schützenden Myelins entdeckt. Myelin umhüllt die Nervenfasern im Gehirn – den sogenannten Axonen. Diese isolierende Schicht ist entscheidend, damit elektrische Signale im Gehirn und im Rückenmark effizient übertragen werden können. Ein Verlust von Myelin zeigt sich häufig in verschiedenen neurologischen Erkrankungen – dazu gehören Schlaganfall und Multiple Sklerose.
Der Energiebedarf des Körpers
Wie hängt das jetzt mit dem langen Laufen zusammen? Wenn die Energiequellen des Körpers ausgeschöpft sind – wie Glycogen, das in Muskeln und Leber gespeichert ist – wechselt der Körper zur Fettverbrennung über. Lipide, also Fette, dienen dann als Treibstoff. Es ist interessant zu beachten, dass Myelin zu 70-80 % aus Lipiden besteht. Marathonläufer verwenden während ihres Rennens somit sehr wichtiges Fett aus ihren Gehirnen.
Studienergebnisse im Fokus
In einer Beobachtungsstudie untersuchten die Forscher die MRI-Gehirnscans von Läufern, und zwar vor dem Rennen und dann innerhalb von 48 Stunden nach Vollendung der herausfordernden 42,195 km. In zwölf Hirnregionen, die mit motorischer Koordination, Sinnen und Emotionen zusammenhängen, war ein deutlich verringerter Myeingehalt nach dem Rennen zu erkennen. Diese Erkenntnis ist alarmierend – oder vielleicht auch nicht.
Positive Entwicklung nach dem Lauf
Wissenschaftler fanden heraus, dass zwei Wochen nach dem Lauf der Myelingehalt wieder anstieg. Nach zwei Monaten kehrte er dann auf das normale Niveau zurück. Das ist eine ermutigende Nachricht. Nur spezifische Bereiche des Gehirns waren betroffen. In anderen Bereichen blieben die Axonscheiden unberührt. Trotzdem war die Abnahme des sogenannten Myelin-Wasser-Anteils (MWF) nicht an die Hydratation der Läufer gebunden.
Metabolische Myelin-Plastizität – Ein neues Konzept
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Laufen eines Marathons die MWF-Werte in den weißen Substanzbereichen reduziert. Dieser Effekt tritt in beiden Gehirnhälften auf“, berichten die Wissenschaftler. Auch wenn die MWF-Werte sich nach einem Marathon erholen, markiert dies eine reversible Veränderung der Myelinstruktur und des -inhalts. Dies könnte die Sichtweise auf Myelin als Energiespeicher neu definieren, bereit zur Nutzung, wenn essentielle Nährstoffe im Gehirn fehlen. Der Begriff „metabolische Myelin-Plastizität“ fasst diesen Vorgang zusammen.
Zukünftige Forschung notwendig
Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf die kognitive Funktion in den zwei Monaten nach einem Marathon haben. So gibt es noch viele unerforschte Zusammenhänge zwischen Ausdauersportarten und der kognitiven Funktion. Interessanterweise untersuchte die Studie nur die Gehirnscans von zehn Läufern, acht davon waren Männer – im Alter von 45 bis 73 Jahren. Die Aussagekraft dieser Studie, trotz ihrer interessanten Ergebnisse, ist begrenzt.
Schlussfolgerung: Laufen ist nicht schädlich
Eine Studie aus der Zeitschrift Nature Metabolism gibt jedoch Entwarnung. Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass das Laufen eines Marathons die kurz- oder langfristige kognitive Funktion schädigt. Lustigerweise könnten Leute scherzen, dass man nicht ganz bei Verstand sein kann, wenn man sich für solch eine Herausforderung anmelden möchte. Aber die wissenschaftlichen Untersuchungen beleuchten die faszinierenden, aber komplizierten Wechselwirkungen zwischen Körper und Gehirn beim Marathonlauf.
Quellen:
- Universität des Baskenlandes, Studie erschienen in der Fachzeitschrift Nature Metabolism .
- Reversible reduction in brain myelin content after endurance exercise. Nat Metab (2025). https://doi.org/10.1038/s42255-025-01251-8