Ist KI als digitaler Wahlberater besser als Wahl-O-Mat?

Seit gestern geht er wieder online – der Wahl-O-Mat. Dieses Tool ist mittlerweile so bekannt wie die Bratwurststände an Wahlständen oder Selfies mit den Spitzenkandidaten. Über 21 Millionen Nutzungen bei der letzten Bundestagswahl sprechen Bände. Das Portal der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat sich als wesentliche digitale Orientierungshilfe etabliert.

Ist KI als digitaler Wahlberater besser als Wahl-O-Mat?

8. Februar 2025 von   Kategorie: Politik & Recht
Diverse Tools wollen einem die Wahlentscheidung erleichtern jetzt auch mit KI.jpeg Bild: Wahlhelferapps im Vergleich von picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Die Entwickler verkünden nahezu stolz, dass innerhalb von nur 24 Stunden nach der Freischaltung neun Millionen Nutzer darauf zugriffen. Die Bedeutung des Wahl-O-Maten ist unbestreitbar.

Ein vielseitiger Werkzeugkasten für politische Bildung


Die digitale Hilfe zur Wahl hat sich jedoch weiterentwickelt. Der Markt für Wahlhelfer gleicht einem gut sortierten Werkzeugkasten. Unzählige "O-Maten" sind mittlerweile erhältlich. Es gibt den "Real-O-Mat" – er checkt das tatsächliche Abstimmungsverhalten der Parteien. Der „WahlSwiper“ führt durch Fragen ähnlich einer Dating-App. Der „Wahl-Kompass“ platziert Nutzer auf einer politischen Landkarte. Freunde spezifischer Themen finden im "Steuer-O-Mat" oder "Agrar-O-Mat" ein passendes Pendant.

Kritik an der Vereinfachung: Was fehlt im Wahl-O-Mat?


Trotz der Beliebtheit hat der klassische Wahl-O-Mat seine Schwächen. Er ist oft zu einfach gestrickt. Kritiker heben hervor, dass er komplexe Themen übermäßig verallgemeinert. Der Psychologiestudent Sebastian Maier schildert seine Erfahrungen. Er fühlte sich oft überfordert – vorgegebenen Thesen zuzustimmen oder nicht, war nicht immer angemessen. „Ich wollte mehr Informationen hinter den Kulissen. Wo sind die Hintergründe?“ So entstand die Idee für „wahl.chat“ – eine neuartige Alternative, innovativ entwickelt an der TU München sowie der University of Cambridge.

Interaktive politische Bildung durch Künstliche Intelligenz


Die grundlegende Idee ist einfach – statt starrer Thesen erhält der Nutzer die Möglichkeit, eigene Fragen an das KI-Tool zu stellen. Die künstliche Intelligenz analysiert die Wahlprogramme der Parteien. Sie generiert fundierte, quellenbasierte Antworten. Besonders eindrucksvoll ist die Fähigkeit der KI, die offiziellen Positionen den tatsächlichen Abstimmungen im Bundestag gegenüberzustellen. Ein Beispiel: Bei Interesse an SPD-Positionen zu Taurus-Marschflugkörpern erhält der Nutzer Einblicke in die offizielle Haltung und das tatsächliche Abstimmungsverhalten.

Wahlweise: Ein weiterer KI-gestützter Wahlhelfer


Ein weiterer innovativer Ansatz ist „Wahlweise“ – ein KI-gestützter Wahlhelfer, der klar strukturiert ist. Er geht anders an die Sache heran. Das Tool verzichtet bewusst auf eine Bewertung der Parteipositionen und zielt darauf ab, die Essenz der Wahlprogramme zu präsentieren. Dies geschieht mittels spezieller Anweisungen – werbliche Adjektive werden vermieden. Dieser Ansatz ermöglicht ein neutrales Verständnis der oft werblich formulierten Inhalte – eine Art Navigationssystem durch den Dschungel der Parteiprogramme.

Experiment mit KI: Visionen für Deutschland


Wie weit die KI-gestützte Wahlhilfe gehen kann – das zeigt ein Experiment des KI-Beraters Max Mundhenke. Er ließ ChatGPT und Dall-E visualisieren, wie Deutschland aussehen würde, falls die Parteiprogramme vollständig umgesetzt werden. Die Ergebnisse überraschen mal mit Utopien und mal mit dystopischen Szenarien – sie sind definitiv Diskussionsanlass.




Lächelnde Wähler und die menschliche Komponente


Verblüffend ist auch eine laufende Installation im Deutschen Museum München, benannt „Smile to Vote“. Hier versucht eine KI, aus den Gesichtszügen der Besucher ihre Parteipräferenz herauszulesen. Dies zeigt auf humorvolle Weise, dass letztendlich der Mensch, und nicht der Algorithmus, in der Wahlkabine die Entscheidungen trifft.


Für all diese Entwicklungen gilt: Die digitale Wahlhilfe bleibt eine spannende Sache und zeigt, wie Technologie unser Verständnis von Politik und Wahlen beeinflussen kann – und sollte. In diesem dynamischen Umfeld ist es ratsam, am Ball zu bleiben.