Risikofaktor ADHS: Hyperaktivitätsstörung kann zu schwerwiegenden mentalen Erkrankungen führen

Eine neue Studie deutscher Forscher hat Hinweise darauf gefunden, dass Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung (ADHS) das Risiko von Suizidversuchen, Anorexia nervosa und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) erhöht. Die Forscher verwendeten eine Methode namens "Mendelsche Randomisierung", die es Wissenschaftlern ermöglicht festzustellen, ob ein bestimmter Faktor eine andere Erkrankung auslöst oder ob lediglich eine Verbindung besteht.

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Risikofaktor ADHS: Hyperaktivitätsstörung kann zu schwerwiegenden mentalen Erkrankungen führen

7. September 2023     Kategorie: Wissenschaft
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ADHS ist mit Depressionen, PTBS, Anorexia nervosa und Selbstmordversuchen verbunden.
Forscher empfehlen eine engmaschige Überwachung von Betroffenen, um psychische Probleme vorzubeugen.

Eine neue Studie, veröffentlicht im Open-Access-Journal BMJ Mental Health, hat gezeigt, dass die Hyperaktivitätsstörung, allgemein als ADHS bekannt, ein unabhängiger Risikofaktor für verschiedene häufig auftretende und schwerwiegende mentale Erkrankungen ist.

Die Forscher fanden heraus, dass ADHS häufig mit Depressionen, posttraumatischer Belastungsstörung, der Essstörung Anorexia nervosa und Suizidversuchen in Verbindung gebracht wird. Angesichts dieser Befunde empfehlen die Forscher eine engmaschige Überwachung von Gesundheitsfachkräften, um diesen Störungen vorzubeugen. So könnte übermäßiger Socialmedia- und "Internet"-Konsum überwacht oder eingeschränkt werden.

ADHS ist eine neurologische Entwicklungsstörung, die sich bei Kindern und Jugendlichen zeigt und in bis zu rund zwei Drittel der Fälle bis ins Erwachsenenalter fortbesteht. Die Prävalenz von ADHS weltweit wird auf etwa 5% bei Kindern und Jugendlichen und 2,5% bei Erwachsenen geschätzt.

Bisher wurden in Beobachtungsstudien Verbindungen zwischen ADHS und Stimmungs- und Angststörungen festgestellt, aber es ist unklar, ob ADHS ursächlich mit anderen psychischen Erkrankungen zusammenhängt.

Um dies herauszufinden, nutzten die Forscher die Methode der Mendelschen Randomisierung, bei der genetische Varianten als Stellvertreter für einen bestimmten Risikofaktor - in diesem Fall ADHS - dienen, um genetische Beweise für bestimmte Ergebnisse bei 7 häufigen psychischen Erkrankungen zu erhalten.

Die untersuchten Störungen waren: Major depressive Störung, bipolare Störung, Angststörung, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Anorexia nervosa und mindestens ein Selbstmordversuch.

Zuerst identifizierten die Forscher mögliche Zusammenhänge zwischen ADHS und den 7 Störungen. Anschließend prüften sie, ob die mit ADHS verbundenen Störungen möglicherweise für die in der ersten Analyse festgestellten Effekte verantwortlich sein könnten. Schließlich wurden die Daten aus beiden Analysen zusammengeführt, um die direkten und indirekten Auswirkungen von ADHS zu berechnen.

Die Ergebnisse zeigten, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen ADHS und bipolarer Störung, Angst oder Schizophrenie besteht.

Allerdings fanden die Forscher einen kausalen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Anorexia nervosa (28%) und Beweise dafür, dass ADHS sowohl Ursache (9% erhöhtes Risiko) als auch Folge (76% erhöhtes Risiko) einer major depressiven Störung sein kann.

Nach Berücksichtigung des Einflusses der major depressiven Störung ergab sich ein direkter kausaler Zusammenhang sowohl mit Selbstmordversuchen (30% erhöhtes Risiko) als auch mit PTBS (18% erhöhtes Risiko).

Die Forscher weisen darauf hin, dass die Methode der Mendelschen Randomisierung weniger anfällig für ungemessene Faktoren und Reverse-Kausalität ist als Beobachtungsstudien, bei denen ADHS möglicherweise eine Folge der untersuchten Störungen ist, und nicht andersherum. Dennoch hat die Methode auch ihre Grenzen.

Eine Herausforderung besteht darin, dass dasselbe Gen mit verschiedenen Merkmalen assoziiert sein kann, was es schwierig macht, den relevanten kausalen Effekt zu identifizieren. Zudem wurden nur Menschen europäischer Abstammung in die Studie einbezogen, sodass die Ergebnisse möglicherweise nicht auf andere Ethnien übertragbar sind.

Die Forscher kommen jedoch zu dem Schluss, dass ihre Ergebnisse die Kliniker dazu ermutigen sollten, proaktiver bei der Behandlung von Menschen mit ADHS zu sein.

„Diese Studie eröffnet neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen psychiatrischen Störungen. Daher sollten Patienten mit ADHS im klinischen Alltag auf die in dieser Studie untersuchten psychiatrischen Erkrankungen überwacht werden und gegebenenfalls präventive Maßnahmen ergriffen werden“, schreiben sie.